Höchsteigenes Legendenspiel

„Bin ich das wirklich, was andere von mir sagen? Eine „Seelenrede“? Oder bin ich nur das, was ich selbst von mir weiß? Ein Selbstverhör? Unruhig, sehnsüchtig, krank, wie ein Vogel im Käfig, ringend nach Lebensatem, als würgte mir einer die Kehle, hungernd nach Farben, nach Blumen, nach Vogelstimmen, dürstend nach guten Worten, nach menschlicher Nähe? Der Dialog eines Mannes mit seiner Anima? Eine Geschwisterrede? Zitternd vor Zorn über Willkür und kleinlichste Kränkung, umgetrieben vom Warten auf große Dinge? Eine Psychoanalyse? “ ( frei nach Dietrich Bonhoeffer / Patrick Roth)

Kann sich gute Kunst selber erklären; will sie überhaupt aufklären? Ist sie am Ende nicht vor allem Poesie? Er-Innerung, Wieder-Holung, Wieder-Erwecken.

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Der Künstler als Schmuggler

Der allermeiste Schmuggel in der Kunst wird über die Grenzen des Anstands getrieben! Dazu gehören dann solche Ingredienzien wie Verkleidung, Verkehrung und eventuell eine (Geschlechter)Verschiebung. Wie dem auch sei, es sind und bleiben die Schmuggler, so wie ich einer bin, die mehr oder weniger heimlich mit Fotografien im Gepäck das Reich der Malerei betreten! Um danach von dort mit weiteren geschmuggelten Bildern in das (Grenz) Gebiet der Fotografie zurückzukehren? Wer weiß? Der Philosoph Michel Foucault nennt das „den visuellen Spielen (der Bildenden Kunst) ihre Würze geben“. Was Foucault (wie auch mich sehr) fasziniert, sind, so die Formulierung des Philosophen, die „androgynen Bilder“, die „schönen Hermaphroditen“. Ich gestehe, ich liebe sie!

„Gratrunka“

„Gratrunka“ ist schwedisch und bedeutet soviel wie „Masturbieren, während man gleichzeitig sehr traurig und weinerlich ist.“ Bis dato hatte ich ja keine Ahnung davon, dass die Schweden meine Kunst mit einem einzigen kleinen Wort so haargenau beschreiben können. August Strindberg hatte einmal geschrieben: „In einer kleinen Rolle muss man ein großer Künstler sein, um gesehen zu werden.“ Das stimmt. Und „Gratunka“ ist genau diese kleine Rolle für mich. Mir und meinem Kunstverständnis auf den Leib oder ins Gesicht geschrieben.

Zu Risiken und Nebenwirkungen

Der schwedische Film „Square“ gewinnt die goldene Palme in Cannes als bester Film. Es geht, wenn ich die Kritik recht verstanden habe, um einen ironisch-komischen Blick auf die Kunstwelt und ihre Gutmenschen. Ändern solche Filme etwas? Oder zeigen sie vielmehr auf, dass sich etwas geändert hat? Die Kunstszene lächerlich zu machen, finde ich, das ist leicht. Aber nur ungern würde ich mit Jeff Koons oder Jonathan Messe verwechselt werden. Wie jedoch, das ist meine eigentliche Frage, verteidigt man die Kunst? Es müsste vielleicht anders über Kunst geredet, geschrieben und aufgezeichnet werden.

Wolfgang Ullrich schreibt in seinem Buch „Siegerkunst“, dass er im Netz, auf vereinzelten Webseiten, spannendere Kunst findet, als auf den großen Messen. Wie bringt man die Netz-Besucher jedoch zu diesen kleinen Kunst-Inseln? Ist die Künstlerexistenz am Ende nicht sogar wie eine Flaschenpostexistenz, eine die man ins Meer des Lebens wirft und nur hoffen kann, dass sie irgendwo angeschwemmt wird, dass sie gesehen wird, gelesen wird, wahrgenommen wird? Und dann? Naht just in diesem Augenblick Rettung in Form von Käufern? Von einem Sammler? Wie könnte dieser aussehen?

Mein BLOG will mir fast wie solch eine Flaschenpost erscheinen. Und bis dato hat auch noch niemand auf meine „Hilferufe“ reagiert. War meine Botschaft eventuell zu kryptisch? Hatte ich Längen- und Breitengrad vergessen anzugeben? (Die GPS-Koordinaten von Wuppertal lauten: 51° 15′ 22.366″ N 7° 9′ 2.749″ E. Wie immer man diese Zahlen auch auswerten mag.) Waren und sind meine Gedanken vor lauter Einsamkeit zu wirr geworden, um sie einem Empfänger verständlich zu machen? Gut möglich. All die vielen kleinen Artikel, die ich mühselig in die Flasche gestopft habe, wird man, falls jemand sie findet, zerknüllen, kopfschüttelnd fortwerfen und vergessen. Rettung, wie immer sie aussehen mag, dürfte deshalb in weite Ferne rücken. So sieht es wohl aus: mein Atelier, eine kleine Insel, auf der ich vor Jahren gestrandet bin und auf der ich mein Dasein friste.

Ich baue hier Zier- und besondere Arten von Nutzgärten an, in Form von Kunst. Wenn ich von dieser mir Glück spendenden Tätigkeit aufblicke, dann sehe ich am Horizont ab und an Kreuzfahrtschiffe. Manchmal sind sie wahrhaftig so nahe, dass ich sehr deutlich die Gesichter von Passagieren an Deck erkennen kann. Einige lächeln, winken freundlich zu mir herüber, andere machen Fotos von mir, so wie sie auch Fotos von Seehundsbänken machen. Nie passiert es, dass ein Boot zu Wasser gelassen wird, um mich zu besuchen. Was hätte ich den Gästen auch anzubieten? Tee. Ein wenig Gebäck. Und Wein natürlich. Unglaubliche viele Zeichnungen und ebenso viele Leinwände.

Unsortiert. Chaotisch. Wenig einladend, ich gebe das gerne zu. Abgründe sind meine Gründe. Damit habe ich absolut kein Problem. Heißt es nicht sogar: Jeder Mensch ist ein Abgrund; es schwindelt einem, wenn man hinabsieht. Nun, ich blicke hinab…

Das, was ich erblicke, das alles muss man natürlich auch mögen. Schön ist das alles nicht. Denn: Die Schönheit ist nur ein Versprechen von Glück. Mallorca, Ibiza, Singapur, Basel oder Dubai sind für die meisten von uns interessanter. Ebenso Bayrischzell oder Berlin. Alles spannender und vor allem angesagter als ein kleines Atelier in Wuppertal. Das Problem mit der, ich meine jetzt… mit meiner Kunst ist, dass sie kein Massenphänomen ist und seien kann. Ich kann von Kunst eben nur sehr privat und sehr allein berührt werden. Ohne die Rückversicherung einer Masse, die einem einflüstert, man müsse, gerade jetzt und heute, dieses oder jenes ganz, ganz toll finden. Marktwirtschaftlich betrachtet ist so ein Verständnis von Kunst natürlich schlicht eine Katastrophe. So ein Kunstverständnis grenzt schon an Einsiedelei. Aber was heißt hier „grenzt“? Meine Kunst ist und bleibt Einsiedelei. Wohin kämen wir denn, bitte, wenn wir immer nur Idealen nachhängen würden? Zu den Idealen!