Mein Atelierleben

Was genau ist ein Versuch? Ein Versuch ist nichts anderes als die bloße Absicht etwas zu tun. Diese Absicht führt zu einer in der Handlung liegenden Absicht. Diese Handlung wiederum ist nicht  eindeutig festgelegt. Mein bloßes VERSUCHEN beinhaltet auch, dass ich zwar die Absicht habe etwas zu tun, es aber trotzdem bleiben lassen kann… WIR SEHEN Wile E. Cojote, wie er lässig eine Handgranate in der Hand auf und ab wirft. Dann lächelt er verschmitzt und zieht mit den Zähnen den Stift aus der Waffe und spuckt diesen im hohen Bogen fort. Die Handgranate behält er jedoch in der Hand! …

ER (ADAM) (V.O.): Der Künstler, wie der Cojote, ist ein Narr! Wie schlau er auch immer ist oder auch seien mag, er schafft es doch nie den Road Runner zu erwischen, ihn zu erbeuten. Niemals!

Die Augen des Cojoten weiten sich! Er erkennt, dass er dummerweise den Stift anstelle der Handgranate fortgeworfen hat… BOOM !!! …dann Rauchschwaden. (wenig später) Der Cojote steigt in ein Katapult, das ihn scheinbar direkt auf den Road Runner schleudern soll. Er zerschneidet das Seil mit dem das Katapult noch festgehalten wird. Der Cojote zischt augenblicklich wie ein Pfeil davon! Er schießt jedoch unendlich weit über sein Ziel hinaus und stürzt in eine Schlucht…

ER (ADAM) (V.O.): Der Cojote ist der ewige Narr, der über dem Abgrund zu schweben versteht. Der Narr, der immerzu abstürzen muss. Aber so tief er auch fällt, er kommt, trotz dieser höllentiefen Abstürze nie ums Leben… Was sage ich: Leben?

Die Welt, eine Insel?

AARON: Na, das gefällt dir? Bizarre Landschaften. Grenzen, die sich ohne Probleme zwischen Schein und Sein verschieben. Wunsch und Alptraum wechseln sich ab. Wie auf einem Kinderkarussell. Und dann und wann: eine nackte Frau! Eine Kreatur.

ER (ADAM): Oja. Man fühlt sogleich den Durst nach dem Martyrium.

DIE SCHWESTER: Na denn – Prost, mein Lieber!

Ein Gemälde zeigt die Hütte eines Einsiedlers. Sie ist scheinbar aus Schilf und Lehm gebaut. Sie besitzt ein flaches Dach und keine Tür. Der Himmel über der Hütte ist blutrot. Die Erde schwarz gemalt. Vor dem Himmel heben sich Vögel in einem dreieckigen Zug ab. DER BRUDER (weist auf dieses Detail hin): Sieht aus wie ein Metallstück, an dem bloß noch die Räder fehlen. Wirkt echt surreal.

ER (ADAM): Stimmt. Großartig. Nicht wahr? WIR SEHEN einige Details von Gemälden. Der Heilige steht in einem lodernden Feuer. Teufelsfratzen. Ein Schwein mit Glöckchen um den Hals. ER (ADAM): Der Sau- oder Fackentoni. DIE FRAU: Wie bitte? ER (ADAM): Antonius wurde im süddeutschen Raum auch gerne als der Sau-oder Fackentoni  genannt. Er galt dort als der Schutzpatron der Bauern und der Nutztiere.

DIE FRAU: In Wahrheit war er allerdings der Abtöter der eigenen Bedürfnisse. Ein ganz armer Wicht.

WIR SEHEN Portraits des Heiligen. Verdrehte Augen gen den Himmel. Eine Wüstenlandschaft. Felsen. Dann Zypressen. Rosensträuche. Das ekstatische Gesicht einer Frau. Entblößte Brüste. Ein Eselskopf. ER (ADAM): Wird der Mensch je erfahren, was Wirklichkeit ist? Das Leben eine Insel, an dessen Rinde man kratzt, um seine eigene Emotion freizulegen? Ein Saal voller Spiegel? Mein Spiel ein Beobachten der Gesichter der Anderen… Ichs?

Mein (geiler) Antonius

WIR SEHEN Portraits des Heiligen. Verdrehte Augen gen den Himmel.

Eine Wüstenlandschaft. Felsen. Dann Zypressen. Rosensträuche. Das ekstatische Gesicht einer Frau. Entblößte Brüste. Ein Eselskopf. Adam blickt in den kleinen Ausstellungsführer. Er liest vor… ER (ADAM): „Die Versuchungen des heiligen Antonius werden in der Vita Antonii und in anderen Quellen geschildert. So erscheint ihm in seinen Visionen der Teufel in menschlicher Gestalt, als schwarzer Knabe oder verführerische Frau, um ihn zur Sünde der Unzucht zu verführen, aber auch in Gestalt von dämonischen Bestien, um ihn körperlich zu quälen.“

Während er vorliest sehen wir weitere Detalis von Gemälden. Dann aber auch schnelle Einblendungen von pornografischen Fotos.

Auf einem erkennt man die Frau. Sie trägt einen Mundknebel. Er fotografiert sie. Blitzlicht! DIE FRAU: Willst schwarzer Knebel/Knabe du mit mir gehn? Mich reizt deine schöne Gestalt; Gar schöne Spiele spiel ich mit dir. Das ist die Schule der Frauen!

DIE SCHWESTER: Das hast du schön gesagt, meine Liebste. AARON: Na, das gefällt dir? Bizarre Landschaften. Grenzen die sich ohne Probleme zwischen Schein und Sein verschieben. Wunsch und Alptraum wechseln sich ab. Wie auf einem Kinderkarrussell.

Und dann und wann: eine nackte Frau! Eine Kreatur.

ER (ADAM): Oja. Man fühlt hier sogleich den Durst nach dem Martyrium.

DIE SCHWESTER: Na denn: Prost, mein Lieber!

DIE FRAU: Prost!

(MEINEdeine) Zerrissenheit

Die Kunst wird von Zerrissenheit… ergriffen, doch stirbt sie nicht daran; sie wird vielmehr in einen Zustand versetzt, in dem es unmöglich ist zu sterben. (Giorgio Agamben)

1. Alles hier ist Collage. Ist Stückwerk. Ich bin ein Stückwerk, denn das was ich sage, ist Fremdes. Das Äußerste an analytischer und pittoresker Psychologie soll ich in Tentation de saint Antoine, die 1874 erschien, geleistet haben? Ist das zu begreifen?

Es ist eigentlich ein ungeheures Monodrama: die Visionen des Heiligen Antonius während einer Nacht. Aber mit wem? Mit einer Frau? Seiner Schwester? Seinem Bruder? Oder seinem eigenen Spiegelbild? Ah, laß doch!

Es ist falsch, dass Flaubert, was eines solchen, reinen Gestalters gänzlich unwürdig gewesen wäre, im Antonius-Thema das Fiasko der Religion symbolisieren wollte! O, nein! Flaubert ist Atheist; aber er sagt es nicht! Ihn interessiert nur die Beschreibung des Falls…

2. Der Fall Antonius! Oder war es der Fall Flaubert? Oder mein eigener Fall? Alle erdenklichen Gesichter ziehen an dem durch (LEBENS)Hunger und Selbstquälereien überreizten Antonius vorüber: Wollust, Grausamkeit, Schwelgerei, Herrschsucht, sämtliche Formen des Unglaubens… Schließlich ruft eine der Erscheinungen ihm zu: „Mein Reich ist so groß wie die Welt und meine Begierde hat keine Grenzen. Ich gehe immer fort, Geister befreiend und Welten wägend, ohne Furcht, ohne Mitleid, ohne Liebe, ohne Gott. Man nennt mich Wissenschaft.“ Ein Zitat?! Klar! Von fremden Zungen? Auch hierzu ein fettes ja … doch der Teufel weiß noch etwas viel Schlimmeres zu sagen: „Wer weiß, ob die Welt bloß ein ewiger Strom von Dingen und Geschehnissen, der Schein das einzig Wahre, die Illusion die einzige Wirklichkeit ist!“ O! wenn du…

3. Endlich ist die Nacht zu Ende. Speziell für Männer entwickelt, diese Nacht… Nacht und Männer, die guten, ausdauernden und viel Sex haben wollen! Aber wer bin ich denn, dass…? Bin ich etwa Doc Hammer?! Doc Hammer enthält ausgewählte Zutaten, die Power und Energy geben und die natürliche SinnenLUST steigern. Neben einer guten Ausdauer und Kraft ist nämlich beim Sex auch die Regeneration sehr wichtig. Doc Hammer ist also perfekt für eine nachhaltige Befriedigung… Der Eremit seufzt, bekreuzigt sich und kehrt zu seinem unterbrochen Gebet zurück: „Schließen Sie den weißen Stecker an die weiße Audiobuchse L (links), den roten Stecker an die rote Audiobuchse R (rechts) und den gelben Stecker an die gelbe Videobuchse VIDEO an.“

4. Wenn Sie den Camcorder an ein Fernsehgerät anschließen, stellen Sie den Eingang VIDEO ein. Wenn Sie den Camcorder an einen Videorecorder  anschließen, stellen Sie den Eingang auf LINE ein…  (ja, eine LINE ziehen…!?)

Weitere „√ersuche“ (Skizzen)

Im Schatten der Linden öffneten die Götter… (Antonius seufzt auf. Und plötzlich steht er mitten in seinem Zimmer. Dort enthüllt sich ein rundes Elfenbeinbett)… ihm den Gürtel mit süßen Worten! „Sie wird kommen! Die Krankenwärterin Educa. Oder Mrs. Siren, deren Weißdornstrauß die bösen Träume vom Kind fernhält.“

Educa, Mrs. Siren! Sie hätten ihm die ersten Wünsche gelehrt. Ach, Antonius. Antonius? Was siehst Du in der Glaskugel des Lebens?

Steh` mir Rede und Antwort, Antonius! Dein wahrer Name! Der Name Deines Vaters! Der Name der Mutter, Antonius! Steig ins Spiel ein… Spiel!

Deine Paranoia bringt die Teile Deine unbewussten Phantasien schnell wieder zur Auflösung: Eine Frau wird zu einer anderen Frau, zu einer Akkordeon-Spielerin, zur Sphinx.

ACHTUNG, AUFNAHME… Deine Obszönität, Antonius, ist der eigentliche Ausgangsstoff Deiner Ästhetik. Du bist tief verletzt. Du windest Dich wie ein Hund. Du hast Deinen Schwanz eingezogen. Du bist beschämt (deswegen). Du beschämst Dich selber (deswegen)… ACHTUNG, AUFNAHME!

Antonius, hörst Du? : OFF THE SCENE. Ein Schrei zwischen Leben und Tod. „Lebe, Antonius, lebe!“ Wovor hast Du Angst? Vor dem Zufall? Dem Ungewissen? Dem Plötzlichen? Deine Höhle, die mehr einem Ei ähnelt, ist Dir Deine selbst gewünschte Begrenzung. In dieser Abgeschiedenheit träumst Du von Kunst.

Ist diese Höhle nicht viel eher ein Fluchtversuch? Deine Phantasie dient Dir zur Lebenshilfe, Überlebenshilfe. Sie flunkert Dir den Schein für die Wirklichkeit vor.

Und dieser Schein, das weißt Du besser als wir alle, dies ist das, was uns einem Kunstwerk fasziniert. Der Schein! OFF THE SCENE … Kunst muss diesen einen obszönen Glanz besitzen.

Wahre Kunst ist obszön, von Obszönität durchdrungen… ein feines Geschlecht.

Achtung! Aufnahme!

Wer? Ein leeres Stück Papier. Und ein Paar traurige Augen… Samen wird sich vereinen, wird sich selbst vermählen… (Antonius geht langsam hin und her):

Rotlicht. Aufnahme? Diese Frau ist aber überhaupt keine Laiendarstellerin! Ich habe sie in „Wahrheit“ erkannt: Sie ist eine (halb)-professionelle Pornodarstellerin, die nur eine Hausfrau spielen soll, die, um ihr Leben attraktiver zu machen, in einen Swingerclub geht.

Diese (halb)-professionelle Pornodarstellerin bezeichnet sich auf einschlägigen DVDs selber als eine hundertprozentige Amateurin… Eine Amateurin von was? Eine Amateurin des Lebens? Sind wir nicht alle in diesem Punkt Amateure? Oder F R E A K S. Narren?, mein lieber Antonius. Narren. Mit der Fähigkeit versehen, über dem Abgrund in der Luft zu stehen, kurz ins Publikum zu winken, um dann pfeilschnell in die Tiefe zu stürzen, ohne dabei ums Leben zu kommen (FAKE).

(Oja, das ist gut!…s.o; Und zugleich ist es, wie das Guckguck-Spiel, überaus unterhaltsam. Doch all diese Netze, diese Kabelinstallationen, Internet, Youtube, Facebook & Co., diese künstliche Intelligenzen sind zugleich ein perverses Entertainment. Wie Neil Postman es formulierte. Welche Bücher, welche CDs, welchen Sprit wir tanken, welche Möbel wir uns ins Haus stellen, wird uns meist visuell-virtuell zugeflüstert. Und zwar solange, bis wir drohen verrückt zu werden … O, HA. UND UNSERE KINDHEIT VERGESSEN, Little Mr/MISS ❍ Shine ?)

Solche Narren, wie uns, kann niemand wirklich töten! Vielleicht sperrt man uns deshalb in Galerien, Museen, Bücher oder Höhlen ¿  damit niemand unseren Anblick tagtäglich und  L  I  V  E ertragen muss. Wir Narren, wir turnen auf dem Fenstersims des Lebens herum. Vor uns liegt die ganze WWWelt…Und das Leben? Wir imitieren das Leben bloss. Ohne es zuvor vollständig studiert zu haben. Wir imitieren Bewegungen oder Handlungen. Geschicklichkeiten oder Gesten, Pantominen, Gesichtsausdrücke, Töne, Laute, Sprache, Körperhaltungen, sowie Stellungen beim Sex. Wir studieren sogar verzerrte Aussagen.

Halbgeschwärzte Protokolle. Gestörte, wie verworrene Texte lassen uns nicht los; es reizt uns sogar umso mehr sie nachzuahmen, je weniger sie uns plausibel erscheinen; sie dann auseinander zu pflücken und ihnen am Ende eine neue Gestalt zu geben, ist unser Spiel. Unser Narren-Leben ist eine Als-ob-Schleife, die geschlossen werden muss! So als ob wir das Leben gelebt hätten. Das ist die ganze Kunst! Die Erfahrung von Emotionen… das ist das Leben, mein lieber Antonius! To Return To The Last Scene Viewed, Press PLAY – To Disable The Operation, Press STOP Again…

Alles hat seine Zeit…& sein Gesicht

ER (ADAM): Ich kenne das alles schon! Es gibt nichts Neues unter der Sonne. Das wusste schon Kohelet, dessen berühmtes „Alles hat seine Zeit“ der Filmemacher Guy Debord  in seinem Film „In girum imus nocte et consumimur igni„ (“Wir ziehen des Nachts umher und werden vom Feuer verzehrt“) zitiert. Wenn aber alles egal ist, alles schon einmal da war, dann so Debord, kann man natürlich auch einfach Brüste zeigen. Und Penisse! Vulven! Oder Krebsgeschwüre und Hundescheiße! Alles dreht sich doch im Kreis. Das Leben: Ein Karussell. Und dann und wann: ein weißer Elefant…

[Die Musik „Heinzelmännchens Wachtparade“ ertönt, von einer Kirmesorgel gespielt! Mit Hilfe solcher Jahrmarktsorgel versuchten Schausteller seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ihre Vergnügungsbetriebe für das Publikum attraktiver zu gestalten. Beispielsweise Karussells, Schiffschaukeln, Reitschulen, gefallene Engel und das Panoptikum (ein begehbares Schauzelt) umwarben das Publikum durch musikalische Darbietungen.]

DER BRUDER: Wenn du Antonius ein Gesicht geben solltest, wie sähe er deiner Meinung nach aus? Ähnelte er mehr Gustave Flaubert oder sähe er schlimmstenfalls dir ähnlich? Das würde mich mal interessieren. Sag mal …

ER (ADAM): Er sähe aus wie Cary Grant. DER BRUDER: Ach, Scheiße. Das hast du dir doch jetzt nur ausgedacht um originell zu sein. Verdammter Arsch.

Die Freunde – Aaron, die Schwester und die Frau – betreten die Kneipe. Sie bahnen sich ihnen Weg zum Tisch der beiden anderen. Man begrüßt sich durch kurzes Schulterklopfen oder Umarmungen und Küsschen…

DER BRUDER: Adam erklärt mir gerade, dass für ihn der heilige Antonius wie Cary Grant aussähe. DIE SCHWESTER: Der erotischste Mann Hollywood aus den 4oziger Jahren als Antonius? Das ist ja geradezu himmlich! Den wähl ich sofort. DER BRUDER: Adam, das ist doch bekloppt. Du hast eine Fliege unterm Helm. Völlig bescheuert ist das.

DIE FRAU: Warum? Heilige müssen ja nicht immer so verspannt um die Augen oder Mund aussehen, finde ich. Immer so verbissene Gesichter wie unser Papst Benedikt XVI. Danke, nein. Cary Grant würde mir da auch besser gefallen. Sehr sogar… (sie kichert). AARON: Entstellung sollte nicht das oberste Prinzip der Heiligen sein. Richtig!

Trunkene √ersuche – ?

ER (ADAM): Es ist nicht so einfach dir zu erklären, was mich am Thema „Antonius“ so fesselt und begeistert. DER BRUDER : Versuch es. Schweigen ist wie Schlaf oder Wollust ein großer Feind wider des Geistes. Heißt es nicht so? ER (ADAM) : Ja?! In Ordnung. Ich will es versuchen. DER BRUDER: Ja, bitte. Versuche es doch einfach.

Spiegelungen um Spiegelungen folgen. Die Welt: ein sich drehendes Karussell.

ER (ADAM): Kunst erklären – ?: Höre: Wenn ich mich zum Nordwinde wende bricht ein Bataillon in Geheul aus… Und eines Feiglings Haar mischt sich mit dem Schrecken der Einsamkeit… Sieh! Sieh!

WIR SEHEN wie die beiden Männer vor dem Schaufenster einer Buchhandlung stehen bleiben. ER (ADAM): Da! Ich glaub es ja gar nicht. Flaubert! Und da: sein heiliger Antoniuus. Das ganze Schaufenster voll mit Flaubert-Lektüre. Was soll ich sagen? Wenn das nicht Zufall ist.

WIR SEHEN zwei s/w-Fotografien, die Flaubert zeigen. Die erste ist von Nadar, die zweite ist eine berühmte Aufnahme seiner Totenmaske.

DER BRUDER (zeigt auf die Totenmaske): Die kenne ich doch! Hast du mit dieser Fotografie nicht einmal eine Collage angefertigt? Du hattest diesem Portrait einen Ballknebel verabreicht, wenn ich mich recht erinnere. ER (ADAM): Richtig. Sie hängt in meinem Atelier. „Der Wahnsinn wie das Heilige sind längst nicht mehr in den Menschen drinnen, sie sind draußen, überall“. So lautet ihr, ich gebe es zu, etwas zu langer Titel. DER BRUDER: Ein wenig. Ja. ER (ADAM): Meine Kunst, ein „Sadomaso-Kebel“? Ein Gag, der aber nicht effektiv genug ist, um mich gänzlich zum Schweigen zu bringen? Nein! Die Luftzufuhr müsste schon komplett unterbrochen sein. Und das ist sie nicht. Die meisten Knebel hindern eine Person zwar daran, sich über Sprache zu verständigen, erlauben aber trotzdem laute und unartikulierte Gesten und Bilder, um nach Hilfe zu rufen. Das ist die tiefere Bedeutung jeder Kunst: nach Hilfe zu rufen!

Me and my shadow

War es nicht Lüsternheit, die in meinen Augen leuchtete, in meinem Blut floss und, wenn sich meine Glieder aneinander rieben, das Herz hüpfen ließ?

Die „Memoiren eines Irren“ von Gustave Flaubert, sie sind auch meine Memoiren. Dies ist mir heute wieder einmal klar geworden. Er schreibt, wie ich denke: In meinem Herzen war ein Chaos, und ein unermeßliches Dröhnen, ein Irresein. Es gibt Tage, wo man Athlet sein möchte, und andere, wo man Frau seien möchte. Was ist denn das…obszön? Eine schwierig zu lösende Frage, wie alle Fragen. Und dann schreibt Flaubert noch: Mit fünfzig ist er frischer als ich mit zwanzig. Woher kennt er mich bloß?

Auch ich… lechze danach, mich mir selbst zu erzählen; ich lächle mir im Spiegel zu, um mir angenehm zu sein; ich erhöhe mich, und ich erniedrige mich wieder, was bewirkt, dass ich niemals auf meiner wahren Höhe bin.

Ja, auch ich lechze danach, mich mir selbst zu erzählen. Ein ewiger Versuch. Wie bei meinem Schatten Flaubert.

Achtung… Aufnahme! REC… PLAY

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