Exaltierte Gefühlsformen

Wenn Freiheit bedeutet, dass wir etwas sagen können, dass andere nicht hören wollen, dann ermöglicht Bildende Kunst etwas zu kreieren, was andere nicht sehen möchten. Meine Autonomie als freier Künstler erlaubt es mir sogar Dinge zu malen, die ich selber nicht für möglich gehalten habe. Diese Freiheit nehme ich mir allzu gerne.

Ausgehend von einer wirklich alten Zeichnung meinerseits, die ich als Jugendlicher machte, fast noch ein Kind, und mit Hilfe von einem Freund, der meine (Kinder)Zeichnung in den letzten Wochen einer KI anvertraute, vertiefte ich mich in die Lektüre von Heinrich von Kleist. Seine Texte über das Marionettentheater ließen vor meinem inneren Auge verwirrendste Bilder entstehen.

„Übergänge und Verwandlungen…undurchdringliche Unklarheit des erotischen Verlangens.“ So Stefan Zweig über den Dichter Kleist und seine Kunst. Zweig könnte so auch gerne über mich urteilen.

Welche Folgerungen ich über meine kleinen, dramatischen Burlesken ziehen werde bleibt abzuwarten. Auch diese Freiheit nehm ich mir.

Zerpflücke keine Rose

Mein Kunstempfinden besitzt, man mag es vielleicht nicht glauben, einen latenten Widerwillen gegen das Zerpflücken von Bildern und Texten (speziell von Gedichten). Obwohl ich vieles in mir selbst in Frage stellen möchte, stellt sich mein Kunstleben-Gefühl gegen das wahllose Herausreißen einzelner Worte aus „blütenhaften Gebilden“. Bertolt Brecht meinte einst sehr richtig zu mir: „Zerpflücke eine Rose und jedes Blatt ist schön.“

Ich denke, er hatte Recht damit, denn jedes einzelne Teil meines Testaments ist schön. Doch erst zusammen gesehen ergeben sie ein Gedicht über mein (künstlerisches) Leben, einer Rose gleich. Wenn ich diese immer wieder versuche zu malen & zu zeichnen, dann aus folgendem Wunsch…

Unterhaltung/Kultur

Meine Kunst ist nicht dafür da, um vordergründig zu unterhalten, um über Plüschmöbeln ihr Dasein zu fristen; meine Kunst wirft vielmehr schwarze Schatten aus Porzellan. Meine Bilder existieren durch und in jenen transluzenten Scherben, die in ihrer partiellen Lichtdurchlässigkeit Erkenntnis erst möglich machen… Sie setzen mir eine Krone auf, aus diesem ganz speziellen Material.

Die eigene Existenz als etwas Meteorisches

Mein Bild enthält Spurenelemente eines fieberhaften Schaffen, wie auch von schamanenhaftem Rausch, von überwallenden Aufschwüngen meines galoppierenden Geistes, hier und da erkennt man Reste von Orgiasmus, als auch Trunkenheit; heilige Raserei ist nachweisbar, maßlose, romantische Sehnsucht ebenso. Zu Risiken und Nebenwirkungen meiner Kunst befragen Sie die hinabgerissenen Dichter, lesen Sie Philosophie, die aus dem Schatten eines Gefühls die Welt auf ihre Spitze stellt.

Es geht weiter…

Wo Welt und Fantasie sich gegenüberstehen. Oder miteinander tanzen, zusammen einen Blick auf Unmöglichkeiten werfend, ohne schamhaft zu erstarren, da will ich ein Ich sein. Aus den Holzplanken meiner Wiege zimmerte mir ein anderes Ich einst mein Atelier, mäanderte dann umher, stetig sich verändernd in aufsteigenden Schwärmen von Papierfliegern, auf denen es Zeichnungen für mich hinterließ… In ihren sprenkelhaften Schatten, entdecke ich ab jetzt nur noch Schönwetterphänomene, um in Tränen der Freude auszubrechen. Mit der Dämmerung werde ich nach wie vor gerne telefonieren. Für meine Melancholie weiterhin einkaufen gehen.

Solche Theatralik zieht ein in die Poren der Atelierwände und die Tiefe von Raum und Zeit, sie steigert meine Lust auf Kunst geradezu in einen Wahn. Um damit fertigt zu werden, ziehe ich nun mühelos einen Kreis um Realitäten, um sie darin für immer gefangen zu halten. Oder als nette Erinnerung in ein Regal zu stellen. Mit anderen Worten: es geht weiter, immer weiter…