Das Fenster zum BLOG

Das Fenster zum BLOG oder Die Position des Tages.

Die Handlung: Der barocke Minimalist D. B. ist nach seiner Künstlergeburt (siehe dazu auch „Schwanenbeichte“) auf guten Rat, wie auf seine neurotischen Ansichten angewiesen. Aus purer Langeweile, als auch aus Verzweiflung, beobachtet er von seinem Fenster aus das Geschehen im Hinterhof der Welt, das heißt der Kunst!  Das anfängliche Vergnügen über die Marotten seiner Nachbarn weicht allmählich einer obsessiven Neugier. Und der Erkenntnis: Man muss knien können, um verachten zu dürfen! Von seinem Zeitvertreib lässt er sich auch nicht durch die warnenden Ratschläge der ewigen Besserwisser  („Mach doch mal etwas Vernünftiges!“) abhalten, die ihn zeitweilig wie Alpträume heimsuchen. Fürsorglichen Besuch erhält der barocke Minimalist von seiner Frau, die als elegante Karrierefrau aus einer erfolgreichen Werbeagentur den charakterlichen Gegenpol zum (abenteuer)lustigen und an das einfache Leben gewöhnten Künstler bildet. Immer wieder ist seine Frau in hitzigen Diskussionen vergeblich bemüht, D.B. von seinen waghalsigen Reisen in die fernen Länder seiner Phantasie abzubringen, damit er dann mit ihr gemeinsam ein bodenständiges Leben führen kann. Ein ewiger Tanz, den beide aufführen…

Aber damit nicht genug: Aufgrund einer künstlerischen Schieflage in der Stadt und der Welt an sich, und den meist unbequemen Haltungen, die man als Künstler ständig einnehmen muss, findet D.B in den Nächten keine Ruhe mehr. Er bemerkt (meist) im Halbschlaf, dass einer seiner Nachbarn (und angeblich ebenfalls ein Künstler) die Wohnung mehrmals mitten in der Nacht im strömenden Regen mit seinem Musterkoffer verlässt. Am nächsten Morgen ist dessen Ehefrau verschwunden. Mit einem Fernglas, später auch durch das Teleobjektiv eines Fotoapparats, beobachtet D.B., wie der Nachbar, in Wahrheit ein absoluter Possenreißer (!!!!!), ein Messer und eine Säge in eine Kunstzeitung wickelt. Der Künstler berichtet seiner Frau und seinen Freunden auf seinem BLOG von den verdächtigen Vorgängen und entwirft eine gewagte KUNSTmordtheorie. Seine Frau zeigt zunächst kein Verständnis, ändert aber schlagartig ihre Haltung, als sie mit eigenen Augen sieht, wie der benachbarte Kunstidiot einen großen Schrankkoffer mit Seilen verschnürt. Als D.B.s Frau später die Vorhänge schließt, um sich ihrem geliebten Mann in verführerischer Wäsche zu präsentieren, ertönt plötzlich ein Schrei aus dem Hinterhof! Das kleine rosa Kaninchen eines alten Ehepaares wurde mit gebrochenem Genick aufgefunden! Die gesamte Nachbarschaft erscheint an ihren Fenstern – nur der Possenreißer zeigt keine Regung. Als barocker Minimalist, intrinsisch motiviert, versucht nun der Künstler, das Motiv für den Tod des Tieres herauszufinden, und stellt mit Hilfe seiner eigenen Arbeiten fest, dass einige Pflanzen in einem Blumenbeet nahe der Fundstelle innerhalb von zwei Wochen kürzer geworden sind. Solche Zeichen und Symbole versteht er genau zu deuten. Künstler können das! Possenreißer sind zu blöde dazu. Mit Sicherheit, weiß der Künstler nun, hatte das rosa Kaninchen etwas ausgegraben und wurde vom Täter dabei ertappt. Um dem Possenreißer aus seiner Wohnung zu locken, täuscht der Künstler mit einem Brief (58 Cent) und einer Postkarte (45 Cent) zwecks fingierter Geldübergabe eine Erpressung vor. Seine Frau gräbt daraufhin das Blumenbeet um, findet aber keine Anhaltspunkte für ein Verbrechen. Daraufhin klettert sie über die Feuertreppe und den Balkon durch das Fenster in die Wohnung des Possenreißers, um dort nach Beweisen zu suchen. Dort entdeckt sie – O Schreck! – hunderte, ja, tausende von Latexmasken, die dem Konterfei von Jonathan Meese nachempfunden sind. Eine Verschwörung der Possenreißer! Sie sind mitten unter uns! Himmel hilf! Der Künstler zieht sich in die Tiefe seines Ateliers zurück und lauscht, wie Blütenblätter sich zur Musik von Johann Sebastian Bach entfalten. Er lächelt dabei.