Die Versuche

Ich glaube an Gazellengespanne, Elefantenquadrigen, Kamelpaare nach Hunderten und Stuten mit einer Mähne, so lang, dass ihre Hufe sich im Galopp darin verfangen… Im Schatten der Linden wechseln die Götter ihr den Gürtel mit süßen Worten… Daran glaube ich! O, sie wird kommen! Die Krankenwärterin Educa, deren Weißdornstrauß die bösen Träume vom Kinde fern hält… Ich hätte IHM die ersten Wünsche gelehrt, die Fürsorge der Dienerin. Und die Fröhlichkeit der Jungen hängen sie ihm aus Gold auf die Brust…O, welches Glück…

DER JUNGE MANN : Oja, was für ein Glück… Ehrlich. Okay… ich denke, wir essen mal eine Kleinigkeit. Ein Baguette.? Oder bestellen wir einen italienischen Vorspeisenteller? Für uns zwei? Oder lieber direkt was trinken?

ER (ADAM) : Gerne.

Der junge Mann winkt die Bedienung heran und gibt die Bestellung auf. Er (Adam) holt aus seiner Jackentasche ein Taschenbuch hervor.

ER (ADAM) : Hast du schon einmal die „Versuchungen des heiligen Antonius“ gelesen?

Er schiebt dem jungen Mann das Taschenbuch über den Tisch hinüber. Der junge Mann nimmt es auf und blättert darin herum.

DER JUNGE MANN: Vor Jahren hab ich das mal gelesen. Öde. Flaubert.

ER (ADAM): Genau. Gustave Flaubert.

Er präsentiert dem jungen Mann eine s/w-Fotografie. Sie zeigt Flaubert. Porträtiert von Nadar, einem berühmten Fotografen (1820 – 1910).

DER JUNGE MANN: „Man muss mit Besonnenheit geboren sein, um Literatur zu machen“. Zitat: Flaubert.

ER (ADAM): Gut! Genau. Das hat er gesagt.

DER JUNGE MANN: Ich bin schlau, was?

ER (ADAM): Und er fügte ironisch hinzu: „Wie man unterstützt wird. Wie man ermutigt, wie man belohnt wird!“ (lacht)

DER JUNGE MANN: Du bist also auch ein Anhänger der Theorie, dass sich das Genie dem verweigern soll, was wir profanen Tatmenschen schlicht und einfach unser alltägliches LEBEN nennen. REAL WORLD vs. FANTASY WORLD? Ist das dein Thema?

ER (ADAM): Magst du das so sehen?

DER JUNGE MANN: Ich?! Du möchtest das doch wohl so sehen! Oder etwa nicht?

ER (ADAM): Ich meine,Triebnaturen sind grotesk.

DER JUNGE MANN: Grotesk? Und das sagst DU mir? DAS ist grotesk!

Er (Adam) zieht den Kassettenrecorder,den er beiseite gelegt hatte, wieder zu sich.

PLAY

EINE STIMME (V.O.) Lasst uns Hüften drücken, lasst uns küssen.

Die Bedienung erscheint mit zwei Gläsern Rotwein und den bestellten Vorspeisenteller.

WIR SEHEN wie sie alles etwas umständlich auf den Tisch stellt, weil ihr der Kassettenrecorder im Weg ist.

EINE STIMME (V.O.) Fühlst du Finger, wie sie dir über den Körper laufen, und unsere Lippen, die deinen Mund suchen, und unser Haar, das deine Schenkel streift.