fortuna minor oder das kleine glück des Schreibens (Auszug)

„Tatsächlich schien der Künstler sich sicher zu sein, dass die Notizen auf seinem Blog Verdacht erwecken würden, so dass von ihm ausgeklügelte Vorsichtsmaßnahmen ergriffen wurden, um sie (fast) täglich aus dem Atelier zu schaffen, um sie daheim am Computer abzutippen und dann ins Netz zu stellen. Die Vorkehrungen erwiesen sich aber als überflüssig. Was noch am ehesten der Frage eines Krankenhauspersonals gleichkam, war folgendes Erlebnis: Der Künstler fragte seinen Arzt, welches Medikament er bekam und schrieb die Antwort nieder. „Sie brauchen das nicht aufschreiben“, wurde ihm freundlich erklärt. „Wenn Sie es sich nicht merken können, fragen Sie mich einfach noch einmal.“ Wenn also der Künstler nicht danach gefragt wurde, wie interpretierte man dann aber seine Schreibtätigkeit? Die Unterlagen der „Schwestern der Warmherzigkeit“ über ihn zeigen, dass sie als Teil seines pathologischen Verhaltens gewertet wurden. „Patient ist sehr mit seinen Schreibgewohnheiten beschäftigt“, lautete der tägliche Schwesternbericht über den Künstler, der niemals nach seiner Schreibtätigkeit gefragt wurde. Da der Künstler gerne allein in seinem Atelier ist, so die Diagnose, muss er psychisch gestört sein!  Und weil er gestört ist, muss ständiges Schreiben eine Verhaltensmanifestation dieser Störung sein, vielleicht eine Form des zwanghaften Tuns, das manchmal mit Schizophrenie zusammenhängt. Dabei war der Künstler nie wirklich allein…

BachFlüsterlaut

Er war umgeben von seinen Bildern.

LOVEisALL

Bildern, denen er durch sein Schreiben jeweils eine eigene Stimme verlieh.“ (So David L. Rosenhan, Ghostwriter und gleichzeitig Verfasser der Biografie des Künstlers mit dem Titel „Andernorts weint jemand ins Meer“.)

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