Liebsterer

Als man mich einst, kurz nach meiner Geburt, meiner Mutter in die Arme legte, hielt ich die Augen fest geschlossen. Instinktiv tat ich so, als ob ich schlief. Meine Mutter ließ ich liebend gerne, wie auch meinen Vater, was mein Wesen betraf, vorerst im Ungewissen. Für sie war ich ihr Kind. Ein scheinbar gesundes Baby. Wie hätten sie ahnen können, dass ich…?

Ameisen hatten einst den Samen meines Vaters zu meiner Mutter hinübergetragen. Hatten ihn in das Wollustbeet gepflanzt und beobachtet wie in ihm ein Ei heranreifte, dass sich seine Schale aus der Süße einer gekeuchten Leidenschaft formte. Diese Szenerie kam mir vor, als ob ich sie durch ein Kaleidoskop betrachtete. Eine Art Fata Morgana. „Es dauert so lange mit dem Ei,“ hörte ich vor meiner Geburt meine Mutter durch die Schale meiner kleinen Behausung stöhnen. In diese Stimme war ich regelrecht verliebt.

„Aber ich will noch ein Weilchen drauf liegen bleiben.“ Wenn sie das sagte, dann wurde es angenehm warm in meinem kleinen Heim. Das Licht wurde daraufhin schwächer und die Raumtemperatur stieg wohlig an.

Dann starrte ich vor mich hin. Aus meinen Gedanken versuchte ich ein buntes Band zu stricken, an dessen Farben ich mich erfreuen konnte. Über diese Art der Meditation schlief ich meistens ein… Ich, ein scheinbar gesundes Baby! Das war ich. Wie hätten meine Eltern darüber hinaus noch ahnen können, dass ich…? Ein Künstler!

Nein, sie wussten es noch nicht. Aber ich! Und in der Nacht musste ich mich aufgrund der Welt, die sich in meine noch jungen Künstlerlungen zwängte, erbrechen. Aus Kindern wurden Leute.

Aus Leuten werden Kinder.

Das ist der Kreislauf.