Mein Wort zum Sonntag

Es steht geschrieben: Mike Tyson vs. Alfred Ayer. (BachKünstlerbrief 5,12-21  249) Und wer wahrhaft spricht, ist des ewigen Lebens voll (Novalis). Nun gut: Alfred Ayer (1910-1989) war eine ziemliche Berühmtheit. Der britische Philosoph galt als gesellig und außerordentlich unterhaltsam. Auf Empfängen und Partys war Ayer daher ein gern gesehener Gast. In den späten 1980er wurde der weit über 70-Jährige auf einer Party Zeuge, wie Mike Tyson die damals noch recht unbekannte Naomi Campbell belästigte. Der Philosoph ging unerschrocken dazwischen und stellte den aufdringlichen Boxer zur Rede. Tyson fand das gar nicht lustig und fuhr Ayer an: „Wissen Sie, wer ich bin? Ich bin Boxweltmeister im Schwergewicht!“ Doch Ayer ließ sich nicht einschüchtern und antwortete gelassen: „Und ich bin der ehemalige Wykeham-Professor für Logik. Ich schlage vor, dass wir darüber wie vernünftige Menschen reden.“

Mike Tyson vs. Alfred Ayer. Oder anders formuliert: Pinky vs. Brain.

Was will uns diese Geschichte sagen? Traum und Phantasie, Gefühl, Intuition sind „ungöttlich“ und gefährlich? Nur die äußere, dem Bewusstsein zugängliche Realität soll für den Menschen erfahrbar sein? Meine lieben Brüder und Schwestern, der Mike Tyson, sowie der Alfred Ayer gehören beide zu unserem inneren Team! Sie gehören zu uns, wir sollten sie annehmen…o,ja… diese tiefe Zerrissenheit, die den Bereich des Verstandes von der Welt des Unbewussten, des Gefühls trennt. Nehmen wir sie an. Lieben wir sie. Und seien wir zugleich Pinky und Brain.

(Texte aus: Der Philosophie-Kalender 2014; Novalis: Die Lehrlinge zu Sais. Eugen Drewermann: Tiefenpsychologie und Exegese. Fotos: Google)