O, mein heiliger Sebastian (Ein Bild im Bild im Bild)

Welches Tier soll ich anbeten? An welchem Heiligenbilde mich vergreifen? Welche Herzen soll ich zerbrechen? An welche Lüge soll ich mich halten? – In welchem Blute waten? Und darf ein Glaube überhaupt Bilder haben? Was weiß denn ich? Nach Jahrzehnten voller Gewalt ist doch (nur so zum Beispiel) ein dauerhafter Frieden im Nahen Osten nicht in Sicht. Innerhalb von acht Jahren haben vier grosse Konflikte in der Region den Traum eines dauerhaften Friedens immer wieder zerstört: Eine Ruinenlandschaft bildet deshalb den Hintergrund für meine Szene über den vermeintlich heiligen Sebastian.

Einer Überlieferung zufolge [wahrscheinlich ˈfɛɪ̯k(ˈ)njuːs] hatte sich dieser Sebastian als Hauptmann seiner Garnison öffentlich zu seinem Glauben bekannt, also einer Handlungsaufforderung, die befolgt werden muss, aber nicht befolgt werden darf, um befolgt zu werden. Gleichzeitig hatte er Andersdenkenden geholfen, woraufhin ihn ein religiöses Oberhaupt zum Tode verurteilte und erschießen ließ. In der Überzeugung, er sei tot, ließ man ihn danach einfach auf der Straße liegen. Sebastian war jedoch nicht tot zu kriegen, sondern wurde vielmehr von einer Frau, die ihn eigentlich für sein Begräbnis vorbereiten wollte, gesund gepflegt. Nach seiner Genesung kehrte er zu seinem Ankläger zurück und bekannte sich erneut zu seinem „Perpétuum-móbile-Glauben“… einmal in Gang gesetzt – ohne weitere Energiezufuhr und ohne einen letztlich verständlich existierenden Grund – würde er ewig in Bewegung bleiben… wie z.B. ein Rad, das sich dreht, indem ihm Antriebsenergie aus der Wärme des Zimmers zugeführt wird. Seine Reibung erzeugt wiederum Wärme und so weiter und so fort… Tja, unsere Welt ist voller Widersprüche. Manche sind sogar unauflösbar [&hoffentlich ˈfɛɪ̯k(ˈ)njuːs].

(Im Spiel vereint: Arthur Rimbaud, Anja Niedringhaus, Felice Ficherelli & ich.)