Seneca und meine Venus

„Es geht in meiner Kunst um Sex, aber es geht nicht zur Sache. Es geht vielmehr um eine Sache, die ständig wiederkehrt. Der Auslöser dieser Wiederholungs-Phantasie ist oft ein Traum, in dem eine griechische Venus im christlichen Norden friert und sich in Pelze hüllen muss, oder ein Gemälde, das mich in jungen Jahren in demütiger Haltung zu Füßen einer anderen Venus im Pelz zeigt. Diese flüstert mir zu: „Du willst nur mein sein unter Bedingungen, während ich dir bedingungslos gehöre.“ Was wäre, wenn? Wenn der Mann die Frau dominiert? Oder die Frau den Mann? Oder der Mann die Frau, damit sie ihn dominiert? Oder die Frau den Künstler, damit er sich einbildet, er habe sie in die Rolle der Domina geschoben? Eine verschachtelte Angelegenheit. Ein vertracktes Verwechseln der Ebenen, von Realität und Fiktion: meine Kunst. Meine Phantasie.“

„Unstetes Hin- und Herflattern ist Anzeichen eines krankhaften Gemütszustandes. Erstes Anfordernis an eine Geistesverfassung, die als eine wohlgeordnete gelten soll, ist meines Erachtens die Fähigkeit, den Schritt zu hemmen und Einkehr in sich selbst zu halten.“

Lucius Annaeus Seneca (ca. 4 v. Chr. – 65 n. Chr.), genannt Seneca der Jüngere, war ein römischer Philosoph, Stoiker, Schriftsteller, Naturforscher und Politiker; Selbsttötung auf Geheiß seines ehem. Schülers Nero (Römischer Kaiser von 54 – 68) Quelle: Seneca, Briefe an Lucilius (Epistulae morales ad Lucilium), 62 n. Chr. 2. Brief. Übersetzt von Otto Apelt (1924)… Und ich? Ich flatter weiter. Immer weiter. Meinem Glück hinterher.