Stück-Werk ist meine Erkenntnis

Sind Bilder eine Rettung ins Visuelle, wurde Peter Handke einmal gefragt. Der Schriftsteller verneinte dies. „In der Ödnis“, antwortete er „braucht man keine Rettung. Die Ödnis ist ewig. Aber der Mensch schweift gern ab.“  Das stimmt. Ich schweife gerne ab. Angeregt durch Ornette Coleman`s „Something Else!!!!“ collagiere ich mir gerade jetzt neue Arbeiten für mein „Familienalbum-non-grata“ zusammen.

“Alles ist Stückwerk“, flüstere ich mir dabei selber zu. Mit anderen Worten: am Ende werde ich kein Werk, sondern ein „Stück-Werk“ hinterlassen. Bilder unterbrechen darin den Fluss von Texten. Texte umzäunen Zeichnungen und Collagen. Fotos reihen sich an Fotos, bevor einzelne Zeilen wieder Fahrt aufnehmen.

Dieses „Stück-Werk“ ist meine Wunderkammer, ein „wunderland-mäßiges“ Museum , groß wie eine Kathedrale, zugleich nicht mehr als Snoopy`s Hundehütte. Fest am Boden verankert, mit dem Dach weit oben in den Wolken. Nils Landgren Funk Unit spielt dazu „Thank You For The Music“; 3:27. Es folgt T. Rex mit „Children Of The Revolution; 2:26 und kurz darauf John Zorn`s „Prelude“ aus APORIAS / requia for piano and orchestra; 6:41. Tanja hockt derweil nackt im Gras. Sie hat dem Betrachter ihren Hintern entgegen gestreckt. Insektenflügel wachsen aus ihrem Rücken. Es scheint, als wolle sie gleich sich in die Lüfte schwingen, mit einem Sprung ins Blau zwischen den Wolken hüpfen, um dann fort zu fliegen.

Tanja kann das! Auch so eine Geschichte aus dem „Familienalbum-non-grata“. „Hü-hüpf!“ Textfragmente aus der Zeichentrickserie „Biene Maja“ gehen bei mir über in John Zorn`s „Con Mistero“ (s.o.); 3:01.

Werner Heisenberg liest kurz aus „Die Verknüpfung von Physik und Philosophie“. Dann plötzlich: Richard Strauss` „Allein! Weh, ganz allein“ aus ELEKTRA; 9:29. Einblendung von verschiedenen meiner vielen Selbstportraits, gezeichnete, collagierte, als auch fotografierte…

Die Musik wird leiser und leiser. Bis sie zum Schluss nicht mehr zu vernehmen ist. Die weiteren Selbstportraits werden stumm präsentiert. Am Ende ein Kinderbildnis, das mich an der Seite meines älteren Bruders zeigt.

Nun hören wir Bobby McFerrin, „Grace“; 3:54. Abblende gegen Weiß. Aufblende: Ich sitze in meinem Atelier, schreibe an meinem Tagebuch. Von der Decke des Ateliers hängen unzählige Vogelkäfige, in denen Kanarienvögel zwitschern und trällern. Die Käfigtüren sind geöffnet. Einer nach dem anderen Vogel verlässt seinen Käfig und fliegt durch das gleichfalls geöffnete Atelierfenster ins Freie. Danach wird es im Raum dunkel. Ich zünde etliche Kerzen an, die mit ihrem Licht mein Atelier verzaubern. Draußen ertönt Donner. Es beginnt zu regnen.