Weitere Versuche!

AARON (liest einen der Zettel): Was sind meine Erinnerungen? „Matratzen“ für eine andere Frau. Die Frau meiner Träume. „Und eine Frau beugte sich vor mir.“

ER (ADAM): Alle Künstler lügen! Sie müssen lügen. Das ist die Wahrheit!

AARON: All diese/meine Streichungen. Im Kopf! O, mein Gott. Antonius darf dieses oder jenes nicht gesagt haben, was? Wie bei Nixon. Streichen. Streichen. Streichen. Am Ende kann man denken, Antonius hätte ständig was Unanständiges gesagt, wenn man diese Seiten so betrachtet.  Sieht jetzt aus, als hätte er ständig SCHWANZ oder FOTZE gesagt. Und du hast das geschwärzt.

ER (ADAM): Die Versuchungen des heiligen Antonius…

AARON: Du hast sie geschwärzt! Doch durch das was man nicht mehr sehen/lesen kann… durch das kommt es gerade zur radikalen Hinwendung zum Menschlichen. Antonius, ein alter Schwerenöter…

ER (ADAM): Der auch nur davon träumte, dass gefickt werden darf?

AARON: Aber hallo!

(Beide Männer müssen lachen. Beide Männer sitzen sich am Küchentisch gegenüber. So wie sie dasitzen, erinnert es an eine Spiegelübung beim Theater.)

ER (ADAM): Du sprachst vom „gelebten und fiktiven“ (real vs. fantasy world) Leben. Gut. Das finde ich interessant. Ich behaupte jetzt mal: „Ich habe sie ALLE gehabt!“ Weil ich sie gezeichnet oder gemalt habe, weil ich über sie geschrieben habe. Der Regisseur Frederico Fellini schrieb einmal, dass er, bevor er einen Film begänne, er nur Titten und Ärsche zeichne. Seitdem weiß ich, dass ich bis zu meinem Lebensende noch Filme machen kann. Mein Atelier ist der untrügliche Beweis für diese Theorie. Überall Zeichnungen von Titten und Ärschen…

Aber ich habe noch ein weiteres Zitat in meiner Bonmot-Tüte. „Was sind all die Frauen, die ich hatte, im Vergleich zu den Millionen, die ich nicht hatte? Die irgendwo auf mich warten, und die ich glücklich machen soll“… Schreibt Flaubert.

AARON: Chapeau.

ER (ADAM): Ein gesundes Selbstwertgefühl, wie ich finde. Vielleicht ist mir da aber der Schriftsteller Leo Malet schon näher. Der sammelte tausende erotische Karten von Unterwäschemodellen.

(Die Männer trinken gleichzeitig ein Schluck Wasser. Sie setzen synchron ihre Gläser auf dem Tisch ab.)

ER (ADAM): Ich gestehe, mir ist die fiktive Welt der Kunst näher und vertrauter als das Suchen nach dem Glück oder Unglück im „normalen“ Leben. Ich schreibe und erzähle inzwischen lieber über die one-night-stands, bei denen ich bedauerlicherweise zu betrunken war, dass mein kleiner Freund keinen Szenenapplaus erhielt… als das ich mich auf solch einen Versuch noch einmal einlassen möchte.

AARON: Du gehst dem Leben lieber aus dem Weg. Verstehe.

ER (ADAM): Ich denke, nur wer sich noch schämen kann, wird das Reale fühlen können.

AARON: Du meinst, selbst wer keine Schuld hat, kann sich dennoch schuldig fühlen?

ER (ADAM): Richtig.

AARON: Das ist doch verrückt.

ER (ADAM): Glaubst du?

AARON: Oder Religion.