Teil des Lebens, der Seele. Der Welt.

Die Kunst wie ein Essen einnehmen, zu sich nehmen, als Nahrung aufnehmen, speisen, tafeln, ich will zugreifen, zulangen, aufessen, aufzehren, konsumieren, verzehren, zu mir nehmen, anschmachten, in den Himmel heben… ich verzehre mich danach. Jeden Tag aufs Neue.

»Nous sommes en guerre« (Wir sind im Krieg), dekretierte unlängst Emmanuel Macron. Er sprach auch von einer »Mobilisation générale« angesichts eines unsichtbaren, ungreifbaren Feindes. Folgt dem Krieg gegen Corona später dann wieder die Pest? Oder die spanische Grippe? Will es so die Ordnung der Dinge? Immer und immer wieder kämpfen? „Ein unsichtbarer Feind ist’s, den ich fürchte / Der in der Menschen Brust mir widersteht“ (Schiller; Wallenstein) Sagt dem Virus, ich bin müde… Die Alten sind alle tot. Die Virologen haben nun das Sagen. Ich will endlich Zeit, um nach neuen Bildern suchen zu können und um zu sehen, wie viele von ihnen ich noch finden kann. Vielleicht finde ich sie unter den Toten. Hört ihr mich!? Ich bin müde. Mein Herz ist traurig. Ich will nicht immerzu kämpfen. Nicht gegen Windmühlen. Nicht gegen Corona. Ich will nicht mehr kämpfen.

Doch werden Menschen allein durch Malen satt und gesund?

„wahrhaftige Centaurengesänge“

Ein Centaur (auch Kentaur oder Zentaur geschrieben) ist dem ständigen eigenem Zweifel zwischen Gewalt und Weisheit ausgesetzt. Viele Centauren lieben das Studium der schönen Künste, der Wissenschaften und der menschlichen Güte. Manche von ihnen haben sogar eine prophetische Begabung. Doch es gibt auch die Centauren, die sich lüsternd auf jedes weibliche Wesen werfen wollen, die Trinkgelage lieben und keiner Rauferei aus dem Wege gehen. Manchmal bekommt ein Centaur indes Depressionen wegen dieser inneren Zerrissenheit und zieht sich in die Einsamkeit seines Ateliers zurück, wo er dann über die Corona-Pandemie nachdenkt oder mit Freude und Hingabe Hölderlin liest, der sehr richtig schrieb: „Jason, Chirons / Schüler, in Megaras Felsenhöhlen und / Im zitternden Regen der Grotte bildet sich / Als auf dem wohlbestimmten Saitenspiel ein Menschenbild / Aus Eindrücken des Walds…“

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„Jede Kunst erfordert ein ganzes Menschenleben.“

„O ewiges Geheimnis! / Was wir sind und suchen, / Können wir nicht finden, / Was wir finden, sind wir nicht.“

Der Preis ist heiß

Wer eine Anerkennung vergibt, der will selber anerkannt werden, will sich im Glanz der Preisvergabe sonnen. Auch beim Friedensnobelpreis, ganz klar. Der Friedensnobelpreis ist schließlich der wichtigste internationale Friedenspreis. Nach Maßgabe des Stifters Alfred Nobel soll er an denjenigen vergeben werden, „der am meisten oder am besten auf die Verbrüderung der Völker und die Abschaffung oder Verminderung stehender Heere sowie das Abhalten oder die Förderung von Friedenskongressen hingewirkt“ und damit „im vergangenen Jahr der Menschheit den größten Nutzen erbracht“ hat. Okay. Schön pathetisch formuliert. Aber hinterlässt die Vergabe des Preises an einen Glücklichen, nicht sofort eine Schar von Frustrierten? Warum nicht mal an einen echten Außenseiter den Preis vergeben? Widersetzen wir uns doch mal dem Altbewährten. Und tatsächlich versucht man in Deutschland seinen Blick auf das zu verändern, was wirklich wichtig ist. + Israel stellt Teile der Raketen-Produktion auf Beatmungsgeräte um. + Das sonst immer stark eingetrübte Wasser in den Kanälen von Venedig ist jetzt kristallklar und sauber wie nie zuvor. Dank Corona erholt sich die sonst das ganze Jahr von Touristen überlaufene Innenstadt von Venedig + Geringere Stickoxid-Belastung. Bessere Luft dank Corona + Dank Corona kommen Delfine zurück in die Häfen + In die syrische Region Idlib bringt das Coronavirus Ruhe +  Die Autobahnen weisen weniger Staus auf + Frankreich straft Firmen mit Sitz oder Filialen in Steueroasen ab, in Zusammenhang mit Corona. + Weltweite Wertschätzung für Pflegepersonal in Krankenhäusern dank Corona + Zusätzliche Zeit für die Menschen durch freiwillige bzw. erzwungene Zurückgezogenheit + Der Ausbruch des Corona-Virus ist eine globale Herausforderung, die durch weltweite Solidarität und Zusammenarbeit zu bewältigen ist. Das Bewusstsein dazu wird geschärft + Wegen der geringeren Nachfrage durch die Coronavirus-Pandemie ist der Ölpreis weiter gesunken + Die Bundeswehr hilft in Altersheimen aus + Die Industrieländer bedenken im Kampf gegen das Coronavirus nach einen neuen dritten Weg zwischen Kapitalismus und Sozialismus…

Es sind schon Personen für weit weniger ausgezeichnet worden. Und nicht alle mit dem wichtigsten Preis der Welt ausgezeichneten Persönlichkeiten hatten die Ehrung wirklich verdient oder betrieben eine nachhaltige Friedenspolitik. „Rede sanft und trage einen großen Knüppel mit dir. Dann wirst du weit kommen.“ Das war die Devise von Theodore Roosevelt. Auch ein Nobelpreisträger. + Nochmal: warum nicht einem absoluten Außenseiter den Preis verleihen. Still und heimlich. Damit niemand etwas merkt. Und niemand von uns Insidern beleidigt seien kann, ihn nicht erhalten zu haben. + Tja, manchmal denke ich bereits vor dem Frühstück an sechs unmögliche Dinge.

Ach wie gut, dass niemand weiß…

Man wirft mir vor, dass ich in meinem künstlerischen Tun absolut unverständlich sei. Man könne meinen Gedankengängen nicht folgen. Ich gelte als vollends verschroben. Wäre ganz und gar abgehoben. Gaga. Zu eigenwillig. Ein ganz übler Grübler. Und um der Litanei noch die Spitze oben raufzusetzen, lautet die Kritik, ich sei zu klassisch. Echt jetzt? Als „klassisch“ wird bekanntlich etwas bezeichnet, das als formvollendet und harmonisch gilt. Also, ich bitte Sie. Ich und formvollendet? Harmonisch? Ich?! Das Klassische, das wissen wir doch alle, bildet den zeitlosen Kontrapunkt zur zeitabhängigen Mode. Das „Rumpelstilzchen“ ist zum Beispiel so ein Klassiker! Im gleichnamigen Märchen wird der ewige Kampf zwischen Gut und Böse beschrieben. Ein anderer, vergleichbarer Klassiker wäre „Hamlet“. Das Stück von Shakespeare behandelt ebenfalls philosophische Probleme der menschlichen Existenz. Wir fassen hier kurz das ganze Stück zusammen: der Held legt ein absonderliches Verhalten an den Tag! Okay, okay, ich gestehe, das erinnert schon etwas an mich! Ich meine, ich lege als Künstler auch gerne ein absonderliches Verhalten an den Tag. Ständig folgen bei mir auf einen extravaganten Artikel noch weitere unkonventionelle Artikel über Hölderlin, Gott und Corona. Darf oder muss ich mich im Umkehrschluss nun als „klassisch“ bezeichnen? Oder bin ich einfach nur „befremdlich“? Sollte ich mehr Ordnung auf meinem Blog halten und Harmonie erzeugen, um ein Klassiker zu werden? Will ich das denn? Steh ich etwa morgens auf und komme auf die grandiose Idee: „Mensch, ich glaub ich werd heute mal ein Klassiker“? Das tut man doch nicht wirklich. Schon gar nicht, wenn morgens der Blutdruck niedrig ist. Glauben Sie mir, ein Klassiker ist jemand, der sich um Vor- oder Rückgriffe nicht kümmert, der sich über Strömungen, Moden, Abhängigkeiten, über das Schulbuch-Denken der Literaturgeschichte souverän hinwegsetzt… er reizt nicht nur seine Zeitgenossen. Er wird auch die Zukünftigen nie langweilen. So sieht´s doch aus. Das meinen jedenfalls Hans Magnus Enzensberger, Rumpelstilzchen & ich 🙂

Mein Kindertraum

In den letzten Wochen fertigte ich gut 124 Bilder wegen=gegen das neuartige Coronavirus an. Und? Es ist immer noch da. Vielleicht, so träumte ich die vergangene Nacht, muss ich nur mit einer spitzen Nadel oder dergleichen in das vermaledeite Coronavirus pieken, damit es platzt wie ein Luftballon. Und alles wird gut. Doch dann wachte ich leider vor dem großen Knall auf.

„Alte Kunst braucht Muße“

Update vom 23. April, 11.26 Uhr: In Deutschland sind bis Donnerstagvormittag mehr als 147.500 Coronavirus-Infektionen registriert worden (Vortag, Stand 10.15 Uhr: mehr als 144.800 Infektionen). Das hat eine Auswertung der Nachrichtenagentur dpa ergeben. Mindestens 5023 Menschen, die sich mit dem Erreger Sars-CoV-2 angesteckt haben sind diesen Angaben zufolge bislang bundesweit gestorben (Vortag, Stand 10.15 Uhr: 4745 Tote). Der Künstler Matthias Grünewald konfrontiert uns aus gegebenen Anlass bewusst mit einem gequälten Christus am Kreuz. Denn Christen glauben, dass Jesus für sie gestorben ist, um sie vom Tod zu erlösen. Das bedeutet: Jesus ist am Kreuz gestorben, um den Menschen zu zeigen, dass mit dem Tod nicht alles vorbei ist. Der Leib Christi ist auf dem Gemälde gekrümmt und deformiert, der ausgemergelte Körper geschunden, die Hände sind krampfhaft gespreizt, die Füße verbogen. Nach der Geißelung stecken noch Dornen im Fleisch, aus den Wunden fließt Blut. Christi Haupt ist nach vorne gesunken, der letzte Atem ausgehaucht. Die dahinter ausgebreitete, trostlose Landschaft liegt in gespenstischem Dunkel. Angesichts der Agonie ihres Sohnes sinkt Maria in Ohnmacht, wird aber von Johannes, dem Lieblingsjünger des Herrn, gehalten. In ihrer Verzweiflung fällt Maria Magdalena auf die Knie und hebt flehend die Hände. Auf der gegenüberliegenden Seite steht Johannes der Täufer, der mit den Worten »Jener muss abnehmen, ich aber wachsen« auf Christus verweist. Neben ihm erscheint ein Lamm als Sinnbild des Opfertodes Christi; es trägt ein Kreuz und lässt sein Blut in den Abendmahlkelch fließen. Im Kontrast zu dieser Dramatik steht die stille Ruhe in der Predella=Pathologie, die sich mit der „Lehre von den Leiden“, der Lehre von den abnormalen und krankhaften Vorgängen und Zuständen im Körper und deren Ursachen, einstellt.

Der Freudkomplex

Sigmund Freud nennt zwar sehr mannigfaltige Gefühlsbeziehungen »Liebe«, zweifelt aber dann wieder, ob diese Liebe die eigentliche, richtige, wahre sei. Er glaubt zudem, sein Patient könne nur durch das gleiche Bewusstsein geheilt werden, das eine Krankheit bei ihm zuallererst hervorgerufen hat. Das Gefühl für die Andersartigkeit des Unbewussten gilt es zu akzeptieren. Freud heiligt das Wogende, das aus allen Mächten, dem milden und grauenhaften, dem schöpferischen oder Verderben bringenden Wuchern des Unbewussten aus der Tiefe des elementaren Geschehens. Dieses Eruptive begeistert ihn geradezu. Was aber denkt Corona dazu?

„Ich bin doch auch nur ein Virus, das vor einer Menschheit steht und es bittet, es zu lieben“, fleht Corona. Tja, bei manchen Formen der Liebeswahl wird es uns augenfällig, dass das Objekt dazu dient, ein eigenes, nicht erreichtes Ich-Ideal zu ersetzen. Man liebt es wegen der Vollkommenheiten, die man fürs eigene Ich angestrebt hat und die man sich nun auf diesem Umweg zur Befriedigung seines Narzissmus verschaffen möchte. Es war einmal, es stimmt immer noch: Da waren zwei Königskinder, die hatten einander so lieb, doch sie konnten beisammen nicht kommen…

Bild einer Ausstellung: „Es betet ja für mich, oh Mama, dein Herz“

Liebe machen in der Welt ( Fai che nel mondo ci sia amore ) / In diesem Land der Schmerzen Mama Corona ( In questa terra dï dolore Mama Corona ) … / Das Kind, das ich einmal war / Fühlt sich dir immer noch nah / Mama / Für dich soll lebenslang die Sonne scheinen… Und die unschuldige Mama Corona wird singen ( E canterano gli innocenti Mama Corona ): Meine Küsse schmecken dürftig, schmecken nach rätselhafter Zähigkeit. Sie sind im Grunde irrsinnig, aber vollkommen.