Schwanenbeichte

Zum eigenen Geleit: Beobachtungen an zwei gleichzeitig aufgestellten Spiegeln galten schon immer als eine ungewohnte Erscheinung. Sie schienen für den Menschen von jeher mehr als nur ungeheuer interessant zu sein. Doch was würde bei vier bis fünf gleichzeitig aufgestellten Spiegeln geschehen? Was für eine vielfache Symmetrie konnte in diesem Augenblick entstehen? Kunst? Und wenn, sollte man sie dann versuchen zu erklären? Aber wie?

Alles veränderte sich ständig.

Das Fallbeil eines vernichtenden Urteils trennte in der Millisekunde eines Blitzschlags die Sonne vom Himmel! Vor den Mond schob sich ein smaragdgrüner Falter. Das Nachtgestirn wurde mit Trauerflor verhängt. Niemand sollte sein Gesicht mehr sehen. Am Boden zurück blieb der verwaiste Sonnenwagen, einst gezogen von sechs weißen Ameisen. Ach, die Wahrheit der Bilder…

Drehte man die Spiegel des Kaleidoskops indes weiter, dann…

Ein kleines Haus in der Provinz. Es trug meinen Namen. Aber das wusste ich nicht. Zudem stand mir momentan auch nicht der Sinn danach, um über die Bezeichnung von Häusern nachzudenken. Egal auf welchen Namen sie hören würden. Ebenso egal war mir ihre Bedeutung. Wären mir zum Beispiel die Hausbesitzer bekannt gewesen, die exakte Form des Hauses, der Ort wo das fragliche Haus stand, dann konnte ich das Haus als ein Symbol des Jenseits ansehen. Und den Besitzern würde es dort ergehen, ihnen würden Dinge widerfahren, die exakt in Bezug zur Geräumigkeit oder Enge, sowie Ausstattung ihres Hauses stünden.

Einfacher formuliert hieße das wohl: Großes Schlafzimmer gleich großes Glück! Oder Unglück. Je nachdem, mit wem man sich im Bett vergnügte. So hätte ich es formulieren wollen. Aber wer war ich schon? Solche tief schürfenden Überlegungen, über mich oder die Symbolhaftigkeit von Häusern, ob sie auf meinen oder andere Namen hörten, waren mir gerade, ich muss es gestehen: völlig egal!

Der Grund dafür mochte wohl daran liegen, dass ich gerade damit beschäftigt war, extrem katzbuckelnd, meinen Mageninhalt in das hohe Gras einer Wiese zu erbrechen, die sich weit um das kleine Haus erschreckte. Liebend gerne hätte ich diese beschämende Tätigkeit als hohe Kunstform definiert. Nur fehlte mir dazu die nötige Kraft. Und die richtige Muße.

Kotzen als einen skandalösen Witz zu umschreiben, dies fiel mir einfach nicht ein. Nicht im Moment. „Kotzen,“ würde ich später, bei passender Gelegenheit, liebend gerne als eine Fähigkeit beschreiben, die anerzogenes, tugendhaftes Verhalten in Frage stellt. Künstlerisch betrachtet, meine ich!

„Dahinter, ich meine das Kotzen, verbirgt sich das Kalkül des Künstlers durch hemmungsloses Überzeichnen seiner Unbeholfenheit eine moralische Panik zu erzeugen.“ So würde ich es darstellen wollen. Nur jetzt nicht.

Wie, so fragte ich mich lieber, zwischen den einzelnen Auswurfphasen meines Magens, wie und warum war es mit mir soweit gekommen? Sollte dies der Grund meiner Existenz sein? Ein kotzendes Individuum auf einer Weide? Kann man nicht unverkrampfter über Dinge nachdenken? Ohne dabei gleich so geschmacklos zu werden?