Belagerung der Hochkultur

Der Dichter kräht, flucht, seufzt, stottert, jodelt, wie es ihm paßt. Seine Gedichte gleichen der Natur. Nichtigkeiten, was die Menschen so nichtig nennen, sind ihm so kostbar wie eine erhabene Rhetorik; denn in der Natur ist ein Teilchen so schön und wichtig wie ein Stern, und die Menschen erst maßen sich an, zu bestimmen, was schön und was häßlich sei.

„Écriture automatique“ nannten die Surrealisten (wie zum Beispiel Hans Arp im obigen Zitat) das automatische Schreiben, das frei und ohne Sinnkontrolle vonstattengehen sollte. Im „Cadavre Exquis“ wurde zum automatischen Schreiben ein visueles Gegenstück gefunden. Ich halte mich nun wirklich nicht für einen Surrealisten und ebenso wenig ist nicht eins meiner Bilder ein „Köstlicher Leichnam“. Und doch kommt es mir oft so vor, als würden meine Bilder einer „Niederschrift“ gleichen. Wie bei einem Gedächtnisprotokoll (oder noch besser wie in meinen Tagebüchern) zeichne ich auf, halte ich fest, was mir zu einem bestimmten Zeitpunkt, am Tag (oder in der Nacht), wichtig erscheint. Dabei krähe, fluche, seufze, stottere, ja, ich jodel auch, wenn mir danach ist, und spucke sogar darauf, ob mein Protokoll eine positive oder negative Beweiskraft besitzt. Das ist doch das wunderbare, das zauberhafte an der Kunst: alles gleicht einem Versuchsprotokoll, bei dem ich gegebenenfalls Beobachtungen und visuelle Erklärungen zu einer Beobachtung wiedergebe, wie hier zur Belagerung der Hochkultur. Giottos „Vertreibung der Teufel aus Arezzo“ gefiel mir… ebenso mein fiebriger Identifikationsgedanke, dass unsere Zeit vielleicht all die guten Geister aus der Kultur vertreibt, die wir uns so mühsam errichtet haben. Aber, ach, wer bin ich, dass…? … Laut Protokoll bin „Ich…(angeblich nicht) Arnaut, der den Wind liebt / und Hasen jagt von einem Ochsenkarren aus / Und schwimmt gegen die Strömung.“ (Dante)

Wer bin ich dann?

Ich bin und bleibe einzig und allein der Protokollant meiner Täume.