Suchmeldung

Ich mache seit sechzig Jahren eine Reise durch meine Zelle. Darüber gebe ich mir Auskunft, lege Rechenschaft ab, führe Tagebuch, fertige Reiseskizzen und Bilder meiner Expedition an. Ein Sprung ins Herz der Finsternis bei Nacht. Ein Sprung in die Sonne bei Tag…

An machen Tage gehe ich mir völlig verloren. Dann fertige ich Suchmeldungen an. Hefte mir diese auf die Seele, bete um Erleuchtung, setze zur Ergreifung eine Belohnung aus…

Absolution

Ich beichte mir meine Verfehlungen. Denn das sind ja wohl all meine Bilder, unvollkommene Werke. Sie können nicht anders sein, das ist ihre Verfehlung, sie gefallen nicht. Sie wollen aber auch nicht gefallen. Es ist kompliziert. Im Zulassen des Bösen zeigen sie Scham. Im Sich-verführen-Lassen wahre Größe.

Zweifelhafte Belege

Meine Bilder, all meine Worte, sie suchen nach den zweifelhaften Belegen einer Kunst, die tief in mir verborgen liegt. In meiner kaleidoskopischen Welt drehe ich ein Bild zur Seite, verrücke ein einziges Wort… und ruhe bloß auf dem heißen Wellblech meines Universums.

 

Zuflüsterungen

Es ist nicht unwahrscheinlich, dass mit jeder kreativen Arbeit, mit jedem Bild, das ich male, ein neuer Stern geboren wird. Es dauert bloß extrem lange, bis sein Licht zur Erde gelangt. Ab und an trete ich des Abends vor die Tür, schaue in den Nachthimmel, fixiere einen der Sterne und sage leise zu mir: „Den da habe ich gemacht.“ 

Auf der Suche nach dem verlorenen Ich

… ein Bild, was mich sehr gut wiedergibt: Ich finde mich, ich gehe verloren. Ich taste mich an den Wänden eigener Vorstellungen entlang, finde Schutz in einer kleinen Zelle; dort entstehen dann aber durch Knospung (eine Zellteilung, die nicht Teil meines normalen Zellzyklus ist) zwei, manchmal sogar mehr Tochter- aber auch Sohnzellen. Und in jeder Zelle ein neues Ich von mir selbst. So geht es weiter, immer weiter …

Aber wer bin ich, daß…?

( noch einmal Gedichtzeilen von Marie Luise Kaschnitz… Sie schenkt mir seit Jahrzehnten schon so viel Inspiration // Worte werden Bilder, Bilder werden zu Worten, treiben Wurzeln aus, tragen in ihren Zweigen bemalte Blätter und Leinwände, die mir Schatten spenden und Schutz bieten vor einer Welt, die nicht die meine ist )

Die heilige Rosa

… was „predigte“ die heilige Rosa… von der Krankheit der Männer? Den Anfällen von Hysterie? Wußte sie von den metaphorischen Orgien zu berichten, die ich so gerne meine Kunst, meine große Kunst nennen möchte. Sie kannte, wie ich, die Lust jedem Panda eine Kugel in den Kopf zu jagen. Sie besaß noch jenen Mund, der sich nicht jedes vulgäre Wort verbietet, sie kannte den Moment der Belohnung, wo alles weiß wird, sich die Augen verdrehen, um sich höheren Dingen zuwenden zu können.