Die Arroganz alter Muster

(Ort: Ein kleines italienisches Eiscafé in Wuppertal-Elberfeld. Wie schon oft in der Vergangenheit treffe ich mich dort mit meinem alten Freund Arno Schmidt, um mit ihm über Kunst zu debattieren. Über die Bilanz des Lebens, Träume und andere Ausweglosigkeiten. Arno Schmidt bestellt wie üblich einen Espresso, ich bekomme einen Cappuccino.)

Detlef: Arno, vielleicht solltest du einfachere Sachen schreiben. So Dinge, die jeder Depp sogleich versteht. Das verkauft sich auch besser.

Arno: Ich kann nicht sagen, dass ich einfache, leicht verständliche Literatur schreiben kann. (Arno schüttelt heftig den Kopf) Nein, das könnte ich eben nicht!

Detlef: Verstehe. So geht es mir mit den Bildern. Das Leichtverständliche, es liegt mir offensichtlich nicht so richtig.

Arno: Meine Schriftstellerei fordert vom Leser eine Vertiefung in mein Werk.

Detlef: Na, dann schrumpft deine Fan-Gemeinde aber schnell gegen Null. Oder etwa nicht?

Arno: Das mag arrogant und überheblich klingen, aber ich habe noch so viel von den großen, alten Mustern zu lernen, dass ich für anderes keine Zeit mehr finde…

Detlef: Erinnert mich an Marcel Reich-Ranicki. „Ich nehme diesen Preis nicht an“. Mit dieser Äußerung hatte Marcel Reich-Ranicki Schlagzeilen gemacht, als er 2008 den Deutschen Fernsehpreis für sein Lebenswerk bekommen sollte – aber er lehnte ihn in einer flammenden Rede ab und kritisierte stattdessen den „täglichen Blödsinn“.

Arno: … ich möchte lieber neue Formen entwickeln.

Detlef: Aber wer versteht das schon?

Arno: Na, ich!

Detlef: Herrlich. Dein Selbstbewusstsein müsste man haben.

(Beide verlassen wir kurz daraus das Café. Wir müssen weiter, immer weiter, unserem Glück hinterher.)