Die Königin ist eine rosa Zwiebel

Wussten Sie eigentlich, dass bei einer Huldigung (lat. Homagium) es sich um ein ritualisiertes Treueversprechen handelt? Nicht? Dabei ist der Lehnsnehmer verpflichtet, seinem Lehnsherrn in einem offiziellen Akt Gefolgschaft und Treue zuzusichern. Ich versichere der Kunst (und weniger einem Königshaus) ständig meine Gefolgschaft und Treue. Mein Treueversprechen lautet dabei: „Ich schreibe, also bin ich. Ich male, also bin ich auch.“

Oder, wenn Sie wollen, anders formuliert: ich collagiere so nörgelnd vor mich hin. Frei nach dem Philosophen Hanns Dieter Hüsch: „Wenn Sie mal einen Künstler nörgelnd durch sein Atelier gehen sehen, können Sie blind drauf wetten, das bin ich! Weil ich schon wieder nicht weiß, was die Welt mit mir macht!!!!“

Dabei bin ich nicht ständig gleich. Gott bewahre. Manchmal nörgel ich auch subtiler, sehr viel leiser vor mich hin. Das wäre ja auch Wahnsinn: Stets der Gleiche zu sein und zu warten, dass etwas Neues mit einem selbst geschieht. Es stimmt, nur wenn man ständig ein Neuer wird, entgeht man der Gleichmacherei. Mein eigenes kleines, gemeines ICH ist tatsächlich stets (oder sagen wir häufig) ein anderes.

Schon öfters bin ich in die Haut von Anderen geschlüpft und habe mir (auch) ein (digitales) Löwenfell um die Schultern gelegt. Mit fremden Zungen rede ich, wenn ich hier sage: „Großer Gott!“ ( ein Zitat von Emmett „Doc“ Brown) …. Ich als ein Ewigkeitsmensch, immer schon da gewesen!? Den Tod lächelnd vorgetäuscht um ein anderer zu werden! Oder sind es doch Raum-Zeitfalten im Subraum? In welcher Schublade steckt eigentlich der Flux-Kompensator?“ Gut gesagt?

„Gut gesagt. Und nun träumt von euren Schwestern und Müttern“ (Zitat aus: Raumschiff Voyager). Die Luxemburger Künstlerin Deborah de Robertis setzte sich übrigens, von diesem Zitat scheinbar inspiriert, Ende Mai in einer Performance ohne Vorwarnung auf den Boden des Musée d’Orsay in Paris vor das Gemälde „Der Ursprung der Welt“ von Gustave Courbets, lüpfte ihr kurzes, goldenes Cocktailkleid und zeigte den Besuchern ihr Geschlechtsteil. Mit ihrer Aktion wollte die Künstlerin den „Ursprung des Ursprungs“ zeigen… „das Unendliche“? … MAMA? Mutti? Aber man sollte jetzt auch wissen, dass das Werk niemals die Geheimnisse einer (Künstler)-Biographie enthüllt: es kann nur das Schema oder der Leitfaden sein, der es erlaubt, die Geheimnisse, die das Leben birgt, zu entdecken.

„Es wäre klug, meinem Rat zu folgen“ (weiteres Funk-Zitat aus dem Raumschiff Voyager). Und ehrlich, ich würde ja folgen, wenn ich nur wüsste wohin. Weiß ich, ob es mir dort, wo der gute Rat mich hinführt, mir am Ende auch gefällt? Gibt es dort ein Eiscafé? Und eine Cappuccino-Lungenmaschine, deren unverwechselbares Schnaufen und Röscheln mir beweist, das nicht der Mensch Tiefe besitzt, sondern die Welt. Vielleicht steckt diese angebliche Tiefe tatsächlich nur in einer Maschine, die mir ein italienisches Kaffeegetränk zubereiten kann, das aus einem Espresso, heißer Milch und heißem Milchschaum besteht. Kann doch alles sein. Oder etwa nicht?

Ach, was soll es: Die Königin, der ich letztlich gerne huldigen würde (wenn ich denn müsste/sollte), sie wäre mit Sicherheit eine rosa Zwiebel! Denn die Schärfe der Zwiebel hat ihr schon früh einen Ruf als Aphrodisiakum verschafft, vor allem in der Antike. Später ging dieser Ruf leider verloren, denn die Zwiebel war (und das ist nun wenig erotisch) zum Mahl der Armen geworden. Aber ich? Arm an Geld, aber reich an Zeit, gehe ich wieder einmal nörgelnd in meinem Atelier auf und ab…