Ein Heer von Möwen

Meine Freundin Cornel zeigte mir gestern Bilder, auf denen ich zu sehen war. Aus (m)einer Zeit in Gaujac/Südfrankreich. Aber war ich das wirklich? Es kommt mir vor, als ob ich den jungen Mann auf den Bildern zwar kenne und gleichzeitig ist er mir absolut fremd. Der da soll mich darstellen?

Dieser da soll mich dargestellt haben in einer längst vergangenen Zeit? Was für ein Un-Sinn! Aber warum auch nicht? Un-Sinn, Sinn. Um was geht es denn? Dass einige Menschen mich schätzen und mein Werk bewundern… mich lieben? Die meisten meiner Bekannten bedauern doch eher, dass ein Mensch wie ich der Kunst so sehr erlegen ist. Warum, so fragen sie sich heimlich, habe ich nicht ein vernünftiges Gewerbe ergriffen. Vegetarischer Metzger zum Beispiel? Oder Ein-Hand-Käse-Hobler? Onanist?

Etwas für das oder bei dem mein (ewiges) Leiden etwas mehr genutzt hätte. Aber nutze ich mir nicht genug? Tue ich mir selber nicht gut? D.h.: Quäle ich mich nicht allzu gerne? Warum auch nicht? Sadomaso liegt doch voll im Trend. Shades of Grey. Als denn: warum sich nicht selber ans Kreuz binden, nackt auf den Bock setzen und sich selber dabei penetrieren? Das Karussell der Erkenntnis dreht sich rasend schnell. Die Kunst, die durch den obligatorischen Schwindel im Karussell entsteht, wird wie Matsch an die Seite geschleudert…

„Die alten Meister versuchten etwas zu machen, was gut ist; aber die neuen machten/machen Werke, die (bloß) gut scheinen!“ Ich rutsche auf dem Matsch aus, schlage der Länge nach hin, die Manege jubelt und applaudiert. Manch einem Sammler geht mächtig einer ab. „O, Facials!“ röcheln einige wenige. Mein Organ des Denkens rafft verlegen Fetzen zur eigenen Bildbetrachtung zusammen. Und meine Wahrheit gleicht nun eher einer Wahnheit! Diese Wahnheit wiederum gleicht nackten Weibern, die sich auf mich legen, während sie gleichzeitig von ihren LiebhaberInnen gevögelt werden. (O, Zeiten, o, Sitten.) Ein Schmetterling breitet in meinem Kopf seine Flügel aus. Er sitzt seit Urzeiten in (m)einem Käfig. Aber er beginnt nun endlich zauberhaft zu singen. Und davon berauscht, völlig irre, spritze ich meinen Samen in eine anonyme Kehle…  „Ahhh! Fliegende Gewänder. Aufgeschwollene Muskeln. Übertriebene Stellungen. Erektionen. Nippel. Nasse Scheiden, die vor mir geöffnet werden, schmatzen leicht, wenn wildfremde Schwengel in sie gleiten. „Was für eine von Gott verdammte Szenerie“  seufze ich leise, aber äußerst zufrieden. Was für ein Traum: Ich zeichne einen exotischen Meeresstrand und ein Heer von Mö …  Möwen.

Das ist und bleibt meine absolute Wahrheit. Die nackte Wahrheit. Und nichts als die Wahrheit… Ein Heer von siebzig Mal sieben Möwen… (in meinem Kopf).