Geliebtes Zwitterwesen

Das Ich bei Franz Kafka, habe ich einmal irgendwo aufgeschnappt, sei ein Zwitterwesen, weil es einerseits die Figur in der Geschichte und zugleich aber auch den Erzähler der Geschichte selbst darstellt. Eine Grenze zwischen wirklich und unwirklich würde hier verwischt. Ist das nicht generell bei wahrer Kunst so? Ich meine, der Künstler als ein Zwitterwesen? Der Willensdrang von zwei Wesen, in einem vereint. Und niemand hohnschreit: Obszönität! Ein klares Ich zwischen Mann und Frau angesiedelt.

Ein „schöner Hermaphrodit“. Bei dem Philosophen Michel Foucault fand ich diesen Begriff. Foucault bezog ihn auf die Kombination von Malerei und Fotografie. Dort wo Malerei allein nicht mehr reicht und Fotografie an ihre Grenzen stößt, entstehen in ihrer Verschmelzung „schöne Hermaphroditen“. Dieses Bild hat mich sofort sehr beeindruckt. Dort wo Fotografie ein selbstverständlicher Teil der Malerei und Fotografie als ein selbstverständlicher Teil der Malerei angesehen wird, entsteht ein schöner Hermaphrodit. Dort wo Bilder mit einem Text verschmelzen, entstehen meine Hermaphroditen. Die kleinste Einheit ist nicht ein Mensch, sondern zwei Menschen. In einem. Zwei Gegensätze in einem vereinigt. Die widerspenstige Zähmung von Gegensätzen und -bildern in einem Spiegel in einem Spiegel in einem Spiegel… bis in die Unendlichkeit gespiegelt.

Das bin ich. Ein Zwitterwesen.