KUNST KURZ UMRÜHREN

„Aus! Schluss!“, bellt mich der Schauspieler Kevin Spacey, der in meinem Leben auch noch mein Therapeut ist, aufgebracht an. „Es ist vorbei!“

„Was ist vorbei?“, frage ich zurück.

„Sie sind 52 Jahre. Ihre Kunstkarriere ist vorbei. Entweder man wird in jungen Jahren entdeckt oder gar nicht. Begreifen Sie das doch endlich?“

„Ich bin 53 Jahre.“

„Aber das ändert doch nichts an der Tatsache, dass Ihre Karriere den Bach runter gegangen ist.“

„Netter Kalauer. Den hab ich ja noch nie gehört“, witzel ich trocken.

Aber Kevin Spacey ist nicht zum Spaßen aufgelegt. Deshalb versuche ich es mit einem Zitat von Wolf Wodratschek: „Erzähl den Verlieren vom Ende der Sieger“ werfe ich ein.

„Wir können nicht alle gewinnen“, erwidert Spacey sofort. Er schaut mich dabei sehr liebevoll, zutiefst verständnisvoll an.

„Aber ich habe auch nicht verloren“, kontere ich gelassen.

„Nicht?“ Spaceys Stimme bekommt einen leichten Stich ins Hysterische.

„Nein, auf gar keinen Fall. Ich gewinne jeden Tag dazu. Mehr und mehr.“

„Aber verkaufen…“, Kevin Spacey hat sich vornübergebeugt und berührt mit den Fingerspitzen einer Hand leicht meinen Unterarm, „… aber verkaufen Sie denn?“

„O, das wäre natürlich schön. Keine Frage. Aber diesen Gewinn meine ich doch gar nicht. Den würde ich nehmen, klar…“

„Den würden Sie nehmen?“, wiederholt Spacey gekünstelt.

„Naja, Sie denn nicht? Aber verstehen Sie mich doch richtig…ich habe immer meine Bilder malen können. Immer. Ich bin an ihnen gewachsen. Das meine ich mit Gewinn. Verstehen Sie?“ Ich schaue Kevin Spacey sehr bewusst an.

Er schaut mich an.

BachAtelier

„Ich bin glücklich,“ sage ich.

(Therapiegespräch mit Kevin Spacey oder Wie man mit der Diagnose Kunst trotzdem glücklich weiter leben kann)