Mein Atelier anstelle einer Löwengrube

Mein splitterbares Ich definiert sich nicht nur als Collagist, Maler, Zeichner, sondern gleichfalls als Troubadour. Das heißt, als einen Mann, der seine Liebsten ansingen, der sie anschmachten muss. Auf ewig. Und drei Tage lang. Wer auch immer von meinen Liebsten auf die Idee kommen würde, einen Handschuh in eine Löwengrube zu werfen, ich müsste hinterher, hinein in diese Löwengrube, um den Handschuh der Liebsten zu holen. Gottlob gibt es nicht mehr viele Löwengruben, in die jemand seinen Handschuh werfen kann. Was aber bleibt, das ist mein Atelier. Und meine Phantasie, die als Löwengrube fungiert. Wirft jemand seinen Handschuh in mein Atelier, meiner Phantasie vor die Füße, ich stürze mich sofort ins Abenteuer. Und werde beschenkt mit den sinnlichsten Momenten, den SAVOIR SAVOUREUX, köstlichem Wissen, das durch die einzigartige Begegnung mit Menschen mit unterschiedlichen Erfahrungen, Kulturen, Erinnerungen, mit unterschiedlichen Geschlecht, vermittelt wird. Wir begegnen uns, sollen uns begegnen. In meinem Atelier. In meiner Löwengrube. Dort lieben wir uns auf eine ganz bestimmte Art und Weise. Wir werden niemals fertig miteinander. Wir sind zu fragil. Nebelfiguren. Reine Schöpfungen der Phantasie. Eine Kausalkette der Imagination. Nackte Liebhaber und Liebhaberinnen von unaufführbaren Bühnenstücken auf einem runden Bett, mit Blick auf ein Meer von Farben. Ich wühle mich durch Höhlen aus Papier, Leinwänden und samtweichen Pappen. Farbige Tuschen geben meinem Himmel Ausdruck; fremdes Lachen verziert meinen Rücken. Ein einziges Lebevergnügen, dieses Leben in meiner Löwengrube, in meinem Atelier: Nackte Flüsterlaute massieren dort mein Verlangen in einem herrlichen Dunst von unzüchtiger Vergnügungen… Ich singe mit unglücklichem Bewusstsein. Denn ich weiß, das das, was ist, falsch ist. Nur ein Handschuh… nur ein einziger Handschuh, aus Traum, Trance, Wahn und Tod geformt, in eine Grube geschleudert…

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