PHILOSOPHISCHE PINAKOTHEK Saal 19

Wohl jeder Mensch fragt sich irgendwann in seinem Leben (die Weihnachtszeit eignet sich besonders gut dafür), was oder wer er eigentlich ist. Ein Wesen mit unsterblicher Seele? Nur eine Ansammlung von leuchtenden Molekülen (an einem Christbaum)? Oder sogar bloß eine reine Künstler-Einbildung? Viele meinen, es gebe darauf keine allgemein verbindlichen Antworten: Wie man darüber denke, sei eine Sache der Weltanschauung, die sich weder beweisen noch widerlegen lasse. Doch das ist ein absoluter Irrtum! Denn systematische philosophische Überlegungen und neuere psychologische Forschungen bringen uns einer allgemein gültigen Antwort sehr wohl näher. Der Philosoph René Descartes vertrat z.B. die These, dass wir im Kern rein geistige Wesen seien, die nur zufällig während unseres irdischen Daseins in irgendeinem Körper stecken. Dazu formulierte er sein berühmt–berüchtigtes „Cogito“-Argument: 1. Ich denke (lateinisch: cogito). 2. Wenn ich denke, dann existiert der Träger dieses Gedankens. 3. Ich bin der Träger dieses Gedankens. Also existiere ich (ergo sum). Oder einfach einmal anders ausgedrückt: Sage mir, wie Du aussiehst und ich sage Dir, wer Du bist.

Na? Geboren am 24. November 1864 in Albi, gestorben am 9. September 1901 auf Schloss Malromé (Gironde)? Nun, dann wirst Du Toulouse-Lautrec sein. Erst eine Ausbildung bei Léon Bonnat und Fernand Cormon in Paris, dann eine tiefe Freundschaft mit Vincent van Gogh begonnen?

Auch das spricht dafür, dass Du (tief in Deiner Seele) Toulouse-Lautrec sein musst. Du arbeitest in zahllosen Vergnügungslokalen und Hochschulen? Du notierst Dein Leben mit sicherem Strich und oft beißender Satire, schreibst einen BLOG? Was soll ich also noch sagen: Du bist ein Lautrec!

Du heißt Lautrec, finde Dich einfach damit ab! Dein Vater hieß auch Lautrec; Du kannst Dich ja später Bach nennen. Du siehst also: Das größte Geheimnis ist der Mensch sich selbst. Aber einem Lautrec ähnlich zu sein, ist nicht so schlimm. Es hätte Dich auch schlimmer treffen können…