Sexualität

„Am Anfang war Natur. (Und) Gesellschaft ist ein Gebilde von Menschenhand, ein Bollwerk gegen die Macht der Natur. Ohne Gesellschaft wären wir der Natur ausgesetzt wie Schiffbrüchige dem sturmgepeitschten, erbarmungslosen Ozean.“ (Camille Paglia)

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Die Frage der Fragen, sie lautet angesichts obiger Aussage natürlich nicht: Warum ist man dann überhaupt noch auf der Welt? Nein, die Frage, die sich stellt, ist doch eher die, warum uns die Welt dauernd im Weg steht? Ich denke ja, dass sie uns ruft… Naja, nicht so richtig. Nein, eigentlich ruft die Welt uns gar nicht. Sie ist nämlich nur da und steht, wie gesagt, ständig im Weg rum. Und sie will einfach nicht zur Seite weichen! Ehrlich: Ich hab die Welt nie richtig leiden können. Die will immer was von einem. Fürchterlich lästig so etwas. Wenn dem aber so ist, dann spielt man am besten das „Häschen-Spiel“. Das heißt: Man rennt auf einander zu, im vollen Galopp, und wer zuerst ausweicht, der hat verloren. Der ist dann entweder tot. Oder hat sich in ein Café gesetzt. So wie ich!!! O, ich liebe Cafés, an denen z.B. unsagbar schlechte Bilder die Wände verunzieren. Und ihnen dennoch Glanz verleihen. Cafés, die mich zum Träumen animieren. Cafés, deren Eingangstüren als Fluchttüren funktionieren. Und hinter denen man sich vor der Welt in Sicherheit bringen kann. Ich liebe Cafés, in denen man aufhört deutsch zu denken. Und stattdessen lieber deutsch tanzt. Es ist gerade dieses Deutschtanzen, das zu nichts taugt, als unser Geblüt zu erhitzen und unmoralische Begierden zu wecken. Die ganze Unterhaltung in diesen Cafés besteht in einem beständigen Herumdrehen, das meinen Kopf wirblich macht und am Ende mir die Sinne raubt. Doch zuvor sehe ich noch: Ineinander verknotete Paare, die Schultern bewegungslos; beleibte Herren, die Partnerin mit festem Griff auf den Bauch geklemmt. Damen, die sich den Herren an die Brust werfen… Sie alle torpedieren, liebevoll lächelnd, die Posen unseres verlogenen Anstandes. Die verschiedenen wollüstigen Drückungen und das Schwellen des erhitzten Busens – „O, Herr, lass den Ober in diesem Café bitte eine Oberin sein!“ bete ich  – …das Schwellen des erhitzten Busens erweckt Begierden, die man je eher, je lieber zu befriedigen sucht. Nur um, dann zum Schluss, voll inbrünstiger Sehnsucht ins Innere des Cafés zu hauchen: „Einen Cappuccino, bitte. Italienisch!“ Nein, nein, ich bleibe dabei: Sexualität lässt sich nicht auf das Geschlechtliche reduzieren.