The Rising Sun (Caput II)

„There is a house in New Orleans / They call the Rising Sun / And it’s been the ruin of many young poor boys / And thank God, I know I’m NOT NOT NOT one… of these little armen Würstchen“, trällerte die Frau des Federmachers vergnügt vor sich her. Sie war gerade von einem Besuch bei Freunden heimgekehrt. Und hatte die Tasche nun wieder gefüllt mit Geschichten.

Da wäre zum Beispiel ihr langjähriger Freund, der eine, na, sagen wir, recht eigenwillige Passion zu Walfischen entwickelt hatte. Nicht nur, dass er die Säuger ständig zeichnen, malen oder irgendwo hinkritzeln musste, nein, er träumte davon, sich einen Gartenteich anzulegen, in dem er Walfische halten könne. „Ich bin überzeugt davon, dass der Teich nur tief genug seien muss, damit sich meine Freunde wohl fühlen“, hatte er in einer hitzigen Diskussion, barfuß auf einem Tisch stehend, ausgerufen. Dann war er umständlich vom Tisch geklettert und flugs in seinen Garten geschritten, um dort fraglichen Teich weiter und tiefer auszuheben.

Jener Walfisch-liebende Freund lebte mit zwei Freundinnen zusammen. Zwei ehemalige Vermessungstechnikerinnen, die sich inzwischen aber lieber als Designerinnen für Motiv-Torten durchs Leben schlugen. Als sie vor etlichen Monaten einen Pottwal als Motiv wählten, hatte sich unser Freund SOFORT in die beiden Frauen verliebt. Und wenn er nicht gerade, tagein und tagaus, Walfische porträtierte, dann zeichnete er auch gerne die beiden Frauen… die ihm übrigens, soviel darf verraten werden, gerne Modell standen.

„Alles ist real. Nur die Welt ist es nicht“, resümierte die Frau des Federmachers. „Aber wer das Glück hat eines Freundes Freund zu sein, der stimme in den Jubel ein.“ Die Frau des Federmachers war in Jubelstimmung heimgekommen. Sie war sogar in Jubelstimmung von zu Hause fort gegangen. Und hatte ihre Stimmung unterwegs konservieren können.

Ihr Trick, wenn es denn einer war, bestand darin, falls ihre Jubelstimmung einmal drohte zu kippen, in Gefahr war von einem öden Gegenüber torpediert zu werden, dass sie sich ihr Gegenüber als Hasen oder Kaninchen vorstellte, dem sie genüsslich das Fell über die Ohren zog. Sofort kehrte dann ihre Jubelstimmung zurück. Und wenn ihr ödes Gegenüber besonders öde war, war ihre Stimmung sogar noch besser als zuvor.

Ja, die Frau des Federmachers… eine fürwahr ungewöhnliche Frau. Sie liebte das Leben… Und die Gelegenheiten, bei dem sie irgendwem, irgendwo, Heinrich Heine vorlesen konnte. Das war nun aber wieder eine ganz andere Geschichte (siehe dazu gestrigen Artikel).