Tunnel of Love

Ob unter Tage oder über Nacht, ich lebe in einem unendlichen Kunsttunnel. Vielleicht werde ich eines Tages ja verrückt aufgrund meines Wunsches nach all den Walzern, die hier so gerne gespielt werden. Aber dies ist das Leben, das ich gewählt habe.

Hier höre ich endlich auf deutsch zu denken. Stattdessen tanze ich lieber deutsch. Es ist gerade dieses Deutschtanzen, das zu nichts anderem taugt, als mein Geblüt zu erhitzen und unmoralische Begierden zu wecken. Die ganze Unterhaltung in meinem „Tunnel of Love“ besteht in einem beständigen Herumdrehen, das einem den eigenen Kopf wirblich macht und zu guter letzt die Sinne beraubt. Auf den Leinwänden, die um mich herum stehen, sehe ich ineinander verknotete Paare, die Schultern bewegungslos.

Oder ich erblicke beleibte Herren, die ihre Partnerin mit festem Griff auf den Bauch geklemmt haben. Emanzipierte Damen, die sich den Herren an die Brust werfen. Ein Künstler, der seine Frau, pausbäckig vor Freude, über und in farbdurchtränkte Untergründe schiebt…

Alles um mich herum torpediert liebevoll lächelnd die Posen eines verlogenen Anstandes. Die verschiedenen wollüstigen Drückungen und das Schwellen des erhitzten Busens erwecken Begierden, die ich je eher je lieber zu befriedigen suche… mit all meiner Kunst.

(Fotos: Bettina Osswald)