Verständliche Unverständlichkeit

(Ort: Ein kleines italienisches Eiscafé in Wuppertal-Elberfeld. Wie schon oft in der Vergangenheit treffe ich mich dort mit meinem alten Freund Arno Schmidt, um mit ihm über Kunst zu debattieren. Über die Bilanz des Lebens, Träume und andere Ausweglosigkeiten. Arno Schmidt bestellt wie üblich einen Espresso, ich bekomme einen Cappuccino.)

Detlef: Arno, mal so unter uns beiden Kirchenschwestern: Du bist es doch, der so unverständlich für so viele Mitmenschen ist. Bedarf es gleich einer literarischen Vorbildung, um dich zu lesen? Ich meine, dich lesen zu können?

Arno: Das darf durchaus sein. Nur weil ein Leser lesen kann, kann er ja noch nicht gleich jedes Buch lesen! Leg ich dagegen jemandem eine Partitur vor, würde der Laie sofort zugeben, dass er davon überhaupt nichts versteht.

Detlef: Naja, das ist ja auch Musik. Aber bei der Schriftstellerei? Oder bei Bildender Kunst. Ich bitte dich! Was soll denn daran schwierig sein? Jeder ist doch heutzutage ein Künstler. Oder sogar ein Superstar.

Arno: Die Annäherung an den Fachmann ist schwierig.

Detlef: Ja, das kenn ich. Vor allen, wenn ich im Baumarkt mal eine Frage an den Fachverkäufer habe. Zum Beispiel wegen Laubfangkörbchen.

Arno: Man muss sich zur Kunst hinbemühen.

Detlef: Wie in einen Baumarkt ohne Personal.

Arno: Unermüdliches Bemühen, das ist Studium!

Detlef: Das sagst du, obwohl du nur wenig verkaufst?

Arno: Ja, natürlich. Aber man muss ja am Ende das tun, wozu man sich gedrängt fühlt.

Detlef: Schönes Schlussplädoyer. Ich verlange Freispruch, Euer Gnaden!

(Beide verlassen wir kurz daraus das Café. Wir müssen weiter, immer weiter, unserem Glück hinterher.)