Weder Gottesurteil noch Sünde

Welche Rolle spielen Krankheiten in der Phantasie? Wie verhalten sich Krankheit und seine Therapie zu meiner Kunst und meinem Leben? Indem ich das Virus zu meinem Modell mache, wird dieses Ding zu einem ästhetischen Faszinosum. Dort, wo ich eine wunderbare Form sehe, sehen andere Betachter vielleicht nur eklige Farben und bizarre Formen. Und attestieren mir eine „Wahnvorstellung“. Mit Krankheiten spielt man nicht! Ich dagegen nenne mein Spiel schlicht »geistiges Leben«. Und das beinhaltet »Begierde, Appetit, Gelüste, Verlangen, Sehnsucht, Unersättlichkeit, Verzückung, Neigung.« (…) »Krankheit ist die Nachtseite des Lebens, eine eher lästige Staatsbürgerschaft. Jeder, der geboren wird, besitzt zwei Staatsbürgerschaften, eine im Reich der Gesunden und eine im Reich der Kranken. Und wenn wir alle es auch vorziehen, nur den guten Ruf zu benutzen, früher oder später ist doch jeder von uns gezwungen, wenigstens für eine Weile, sich als Bürger jenes anderen Ortes auszuweisen«. (Susan Sontag; „Krankheit als Metapher“)