Der Zauberspruch

Gin: Herrje! Diese Bilder hier, die sind alle krank? / Fizz: Das sind nur die Symptome. / Gin: Ach, was, Symptome… Auswürfe sind das! Künstlerisches Gewölle. Kunstförmige Gebilde aus ausgewürgten, unverdaulichen Nahrungsresten… / Fizz: Tatsächlich?! So siehst du das? / Gin: Nee! Das weiß ich. Alle Kunst entsteht daraus, dass sich der Künstler der Welt unsicher ist. Diese Welt passt nicht zu ihm, und er passt nicht in sie, er fühlt sich fremd… ihm wird schlecht durch soviel Welt. Er muss sich übergeben. Da… das seh ich doch… / Fizz: Ich will Dich gar nicht unterbrechen, nur zart darauf hinweisen: Die sind schon von Dir, diese Bilder, daran kannst Du Dich noch erinnern?! / Gin [hält irritiert inne, schaut sich stumm die Bilder an.] : Nun ja…wenn man genau hinschaut… eine gewisse Virtuosität ist den Werken nicht abzusprechen… 

Fizz: Mein Freund…Der Tod ist nirgends und überall. Und wir finden uns, ohne es zu ahnen, schon um die Taille gefasst im Geichschritt mit ihm – Takt für Takt. / Gin: Und deshalb lehren wir die Kunst, Angst in Wonne zu verwandeln. / Fizz: Aber vielleicht, so hoffen wir von ganzen Herzen, besitzen die Lebenden und die Toten zum guten Schluss doch eine Stimme; aber diese besondere Stimme, sie schwebt frei umher… Diese Stimme, sie ist losgelöst von allem … eine Stimme… / Gin: … die uns versöhnt. / Fizz: Statt spaltet. / Gin: Eine Stimme, die uns sagt… / Fizz: Ich liebe dich. / Gin: Ja! Ja! Das ist er! Der Zauberspruch! / Fizz: Er verwandelt uns wieder zurück… / Gin:…von Tieren zurückverwandelt in Menschen. / Fizz: O, fast hätten wir es vergessen… dieses einfache… / Gin: Ich liebe dich. / Fizz: Begreifen wir doch endlich – Denn nicht mehr ist der Mond Himmel für uns, als wir Himmel für den Mond sind. / Gin: Das heißt – Wir brauchen einander.

(Gin&Fizz, in „Todfeinde“)