Das Leben als der kleine Vorraum für meine Retrospektive

Was wäre ich doch für ein Fest für die Geier. Doch noch zucke ich, lege mir meine alten Knochen lieber selber aus, um daraus meine Zukunft zu deuten.

Natürlich komme ich zu keinem endgültigen Schluss. Denn ich fühle mich noch zu lebendig. Gleichwohl sortiere ich gerne schon einmal die Dinge, stelle sie zusammen, rücke sie in ein neues Licht. Erinnerungen sind immer nur Nacherzählungen. Wie meine Kunst bekanntlich auch. Ich baue mir schon seit Jahrzehnten mein eigenes Labyrinth.

Einen Ort, an dem ich des Öfteren auf unbekannte Vögel stoße. Laut Ibn Sirin, einem Freund und Traumdeuter, seien solche Vögel als Engel anzusehen. Aber nur dann, wenn ich für solche Vögel keine anderen Namen besäße. Wären es hingegen Geier, mit den ich zufällig einen Flug unternähme, dann, so Ibn Sirin leise zu mir, würde ich zu Rang und Würden aufsteigen. Oder eine Retrospektive erhalten.

In der bildenden Kunst ist die Retrospektive, wie wir wissen, eine Kunstausstellung, die einen Überblick über eine oder mehrere Schaffensphasen, einen spezifischen Aspekt oder das Gesamtwerk eines Künstlers vermittelt. Anstatt nur die jüngsten Arbeiten zu zeigen, stellt die Retrospektive einen Kontext zu weiter zurückliegenden Werken her.

Erkennt man darauf eventeuell unbekannte Eier, Eier, die man bei sich sieht, aber nicht verzerrt, dann sind damit wohlgeformte Frauen gemeint. Soll sein. Nie habe ich aber, ich schwöre, mich auf einem Bild ein Ei essen sehen, egal ob es gekocht, gebacken oder gebraten war. Tja, und deshalb, hier schmunzelt mein Freund, besäße ich auch kein Vermögen oder hätte auch keine rechtschaffene Versorgung (Rente). Das ist wohl wahr.

Wegen und dank meiner Kunst habe ich stets aus einem klaren Fluß trinken können. Und das bedeutet, dass mir Gutes und Wohlleben widerfahren ist. Und zwar soviel, wie ich halt trinken konnte.

Und? Was soll ich sagen, meine besten Freunde wissen, ich trinke gerne…