Ich singe in Bildern

Über was singen meine Bilder? Ich lausche und höre es genau: „Ich singe den Leib, den elektrischen, / Die Heerscharen derer, die ich liebe, umgürten mich, und ich umgürte sie /… / Die Liebe zum Leib eines Manns oder Weibes spottet jeglicher Rechenschaft / … / Der männliche ist vollkommen und der weibliche ist vollkommen. /…/ Hast du jemals eines Weibes Leib geliebt? / Hast du jemals eines Mannes Leib geliebt? /… / … dies sind nicht die Teile und Gedichte des Leibes allein, sondern der Seele, / O nun sage ich, sie sind die Seele!“ … WOW … (Walt Whitmann & ich)

Spielraum für Zauberwesen

Der Philosoph Sokrates war in den Augen seiner Mitbürger ein „Besenbinder“. Er ging keiner geregelten Arbeit nach. Ich folge ihm als Künstler hinterher. Denn nur ein „Besenbinder“, so heißt es im Märchen, ist imstande den goldenen Vogel (oder die Kunst) zu entdecken. Viel Glück, Geschick, Geduld und Findigkeit benötigt er, um dieses Zauberwesen Kunst zu finden, an das ich so sehr glaube. 

Es geht mir nicht darum, es zu fangen. Die Zauberwesen wirken auf mich allesamt märchenhaft verwandelt. Sie gleichen Chimären. Niemand findet heraus, womit sie zu füttern sind, wie sie zu pflegen wären. Vor allem sind sie keine Haustiere. Aber sie stimmen mich poetisch.

Eine Liebesklage

Das Universum ist unendlich groß. Angereichert mit Millionen von Sternen und Geschichten, die du entdeckst, wenn sie schon längst nicht mehr existieren. Doch nur so verläuft die Erkenntnis (und deine ausgemalten Kindheitserinnerungen eines Sterns). Wer dergleichen sieht, muß ein „Besenbinder“ sein. Eine Tätigkeit ohne besonderen Handwerkskunst: die Tätigkeit eines Künstlers. Ich fege derweil mit meinem Besen die Sternblätter zusammen, die das auftreffende Licht in meinen Augen hinterlassen hat…

Suchmeldung

Ich mache seit sechzig Jahren eine Reise durch meine Zelle. Darüber gebe ich mir Auskunft, lege Rechenschaft ab, führe Tagebuch, fertige Reiseskizzen und Bilder meiner Expedition an. Ein Sprung ins Herz der Finsternis bei Nacht. Ein Sprung in die Sonne bei Tag…

An machen Tage gehe ich mir völlig verloren. Dann fertige ich Suchmeldungen an. Hefte mir diese auf die Seele, bete um Erleuchtung, setze zur Ergreifung eine Belohnung aus…

Absolution

Ich beichte mir meine Verfehlungen. Denn das sind ja wohl all meine Bilder, unvollkommene Werke. Sie können nicht anders sein, das ist ihre Verfehlung, sie gefallen nicht. Sie wollen aber auch nicht gefallen. Es ist kompliziert. Im Zulassen des Bösen zeigen sie Scham. Im Sich-verführen-Lassen wahre Größe.

Wie man wird, was man liest

Es war, glaube ich, die Autorin Siri Hustvedt, die einmal schrieb, dass alle Bücher, die sie jemals gelesen habe, egal, ob sie sich noch an alle einzelne Texte erinnern könne oder auch nicht, sie in ihrer Entwicklung geprägt hätten. Das sehe ich ebenso. Ich weiß sogar noch, dass es vorallem das Kinderbuch „Ferdinand“ von Munro Leaf war, was mich schon früh und nachhaltig beeinflusste. Obwohl… ich bin mir sicher, dass ich zuerst den Kurzfilm „Ferdinand“ aus dem Jahr 1938, basierend auf dem gleichnamigen Kinderbuch von 1936, in einem der damaligen drei Fernsehprogramme gesehen hatte. Lang ist´s her. Bild und Text klangen & klingen auf alle Fälle für mich nach, vergleichbar einem Glockenton, der einmal erzeugt, in alle Ewigkeit zu klingen vermag… bis ins Jetzt hinein. Immer noch schaue ich Fernsehen, immer noch haben einzelne Sätze aus dem Buch „Ferdinand“ ihre Gültigkeit für mich…

Kunst Geschichten

„Susanna und die beiden Alten“ ist ein recht bekanntes Motiv in der Kunstgeschichte. Es geht um eine bildhübsche Frau, Susanna, und zwei hoch angesehene alte Richter, die sich in die verheiratete Susanna verliebten. In der Bibel heißt es: Da regte sich in ihnen die Begierde nach ihr. Ihre Gedanken gerieten auf Abwege und ihre Augen gingen in die Irre. Die beiden Alten traten aus ihrem Versteck hervor und bedrängten sie… Ich müßte aber wahrlich lügen, würde ich nun behaupten, ich hätte sofort an dieses biblische Thema gedacht, als ich mein Bild malte. Weil ich zudem drei statt zwei Personen heimlich eine Figur beobachten ließ, dachte ich auch viel eher an einen Titel wie „Die drei kleinen Schweinchen“… Sollte ich mein Werk religiös aufladen, könnte in den Schweinchen natürlich noch Namen geben… Drei Schweinchen namens…

… würde dann aber mein Geist nicht in die Irre gehen?