I’ve loved, I’ve laughed and cried

Lachen Sie nicht, aber Außenseiter wurden immer schon schief angesehen und teilweise sogar arg malträtiert. Mit Sprühsahne malträtiert oder mit Knüppeln geprügelt wie Besessene. Man sperrte Außenseiter in Schulschränke, tauchte sie in Eiswasser. Oder verfrachtete sie wie meinen Freund FRIEDRICH HÖLDERLIN, vielleicht kennen Sie ihn, in einen Narrenturm… Wissen Sie eigentlich, warum der Dichter verrückt wurde? Weil er gebeten wurde, so mir nichts, dir nichts, einfach mal so eben ein Gedicht zu schreiben… Einfach so, zack, zack, über ein Mädchen, an eine, die an seinem Turm vorüberging. Aber so funktioniert Kunst nicht. Niemals. An solchen Vorstellungen der Menschen über Kunst, da wird man echt bekloppt. Verstehen Sie das? Wenn deine Sinfonien niemand streamen will, dann komponiere doch einfach mal Fahrstuhlmusik, die Musik, die Kühe beim Abmelken beruhigt, das kannst du doch. Wenn mich jemand bittet, mal doch mal eben ein schönes Bild, das kannst du doch… schön muss es sein… nur richtig schön … ehrlich, ich weiß gar nicht, was das heißt… schön. Da kann ich doch nur verrückt werden.

Und deshalb gab und gibt es bei meinem Kunstverständnis nur eine Überzeugung…

Es geht nicht darum, dass Bilder gefallen. Sie sollen etwas mitteilen. Über die Liebe.

Das ist die ganze Wahrheit. Das ist meine Geschichte. Sie steht in meinen Bilder geschrieben. Man muß sie nur sehen können, die Wahrheit… die Liebe.

Mein spiegelsynchrones Lächeln der Kunst

Einfallendes Licht gleicht einfallenden Ideen… wie eine sogenannte Raumspiegelung. Dies ist ein Begriff aus der Physik, der davon ausgeht, dass all unsere Naturgesetze als spiegelsymmetrisch zu verstehen sind. Das bedeutet alle Punkte einer Spiegelung werden an ihrem Ursprung gespiegelt. Einfacher formuliert: mein freudiges Lächeln bleibt stets ein freudiges Lächeln, wenn ich mich – erfreut – im Spiegel betrachte. Doch gibt es auch Augenblicke, indem mein Spiegelbild asymmetrisch wird. Mein freudiges Lächeln ist dann zugleich ein ängstliches Lächeln in den Spiegel vor mir…

Ob Mystik oder ausgefeilte Mathematik der Grund für solche sonderlichen Momente (wie  z.B. die Kunst) sind, kann ich nicht wirklich beurteilen. Doch deutlich ist: ich blicke erfreut auf mein Bild und erkenne zugleich meine Furcht; also die Synchronizität meiner Kunst.

Ein tröstlicher Gedanke, weil er auch Tabus und deren gesellschaftliche Relevanz verbindet. Ich will es so betrachten: Lust, Perversion, Umstrittenes, Hässliches, Schändliches wird im Spiegel meiner Kunst poetisch gespiegelt. O, ich merke, ich schweife von der eigentlichen Spiegeloberfläche ab, gleite tiefer… und nenne meine Kunst dieses ominöse Tier mit den zwei Rücken, von dem Roger Willemsen einst sprach, als er das menschliche Begehren, die Erotik zu Wort kommen lassen wollte, um Bilder für das Unsagbare zu finden.

Wundersame Knospung

Seit geraumer Zeit ergänze ich ältere Werke von mir. Nicht, weil sie mir in irgendeiner Form unperfekt erscheinen, eher weil sie darauf gewartet haben, dass ich den Dialog mit ihnen jetzt weiterführe… Eine Mappe beschrifte ich mit meinem Credo:

So betrachtet begegne ich mir selber auf zahlreichen Feldern aus Papier. Dabei komme ich aus einer neuen Richtung, aus einer anderen Zeit, bringe Dinge mit, von denen ich früher nichts ahnen konnte. Die beiden Ichs spielen ein Spiel vor mir…

… als mein zukünftiges Ich betrachte ich dieses bedingungslose Tun mit Freude.

Eine eigene Zeit

Blicke ich auf mein Werk, dann wird mir mehr und mehr deutlich, ich stelle nicht meine Zeit aus. Vielmehr stelle ich mich selber in der Zeit aus. Manche werden sagen, ich ticke ja nicht richtig. Aber nur aus deren Perspektive betrachtet verläuft meine Zeit scheinbar anders, wirken meine Bilder wie aus der Zeit gefallen. Jeder von uns altert halt auf seine ganz eigene Art und Weise. Ich tue das durch ein Sammeln, ein Konservieren, ein Erforschen. Denn dies gehört zu meinem Ausstellungsrepertoire. Ebenso das Kuratieren, ein Vermitteln und Zeigen. Doch wo genau liegt der Erkenntniswert meiner Kunst? Im lebenden Körper verborgen oder auf dem Seziertisch ausgebreitet? In einem Traum wandel ich durch meine eigene Ausstellung, vorbei an beleuchteten Vitrinen und aufgereihten Bildern, geschmackvoll arrangierte Sockel präsentieren die Schätze, die auf einer langen Forschungsreise gesammelt wurden, um das eigene Ich zu entdecken.

„Macht mich anschaubar“ sage ich zu meinen Werken. „Aber nicht durchschaubar“ füge ich hinzu.

Schicksal

Direkt am Frühstückstisch steht ein Koffer / Niemand weiß wer ihn wann dort abgestellt hat / Neugierig äuge ich in seine Tiefe  / Zahlreiche Zeichnungen entdecke ich / Ablagerungen von meinen Lebens-Jahrzehnten / Wollen Sie dass ich dies alles neu sortiere / Eine Frage an die Dame Fantasie gerichtet / Selbstverständlich / Ich kümmere mich drum / Eine Antwort / Schon etliche Male in meinen Tagebüchern erwähnt / Die Dame Fantasie führt meine Finger an ihre Haut aus Papier / Sie haucht meinen Zeichnungen neues Leben ein / Sie bläht die Arbeiten wie Segel auf / Ich löse Farben aus ihrem Kokon / Fahre mit meinen Fingerkuppen über die Auslagen der Zeit…

Kultur ist mir ein verlängertes Bühnenpodest ohne Geländer geworden.

Neu sortieren

Was blindlings aufs Papier geschleudert erscheint / Ist ein Bettelbrief an sich selbst / Ein Betteln um Erkenntnis / Nicht durch experimentelle Versuchsanordnung von Wörtern und Sätzen / Eher von einem Umstellen des Inventars der eigenen Erinnerungen / Ein neues Sortieren nach nunmehr 61 Jahren / Der Künstler als ein Poker-Dealer eigener Lebensjahre / Der die Karten vor sich verteilt / Und das Geschehen beobachtet / Ein Leben was er mit Kunst gleichsetzen möchte / As  König  Dame  Bube / 10  9  8  7 / Kreuz  Pik  Herz und Karo / Werden die Karten in falscher Reihenfolge vergeben oder versehentlich einzelne Karten offen gezeigt sprechen wir von einer Biografie…

Der eigentliche Kartengeber / Der Künstler / Muss die Karten seiner Erinnerung stets neu mischen / Abheben lassen / Und dann neu verteilen… in einer Endlosschleife.