Obsession

„Und man darf wohl aufseufzen bei der Erkenntnis, daß es einzelnen Menschen gegeben ist, aus dem Wirbel der eigenen Gefühle die tiefsten doch eigentlich mühelos heraufzuholen, zu denen wir anderen uns durch qualvolle Unsicherheit und rastloses Tasten den Weg zu bahnen haben“, schreibt Sigmund Freud in „Das Unbehagen in der Kultur“. Moment mal. Was so mühelos erscheint, das ist meist qualvolles Tasten, mag ich Freud an dieser Stelle liebevoll kritisieren. Will sagen, so kommt es mir selber jedenfalls vor. Vielleicht habe ich bis dato aber auch nicht Kultur für alle geschaffen, sondern eher versucht mich selber erst einmal gerade hinzustellen.

Ich erschaffe nicht, ich tue bloß etwas: schreiben, malen, zeichnen, collagieren. Egal wie. Die Frage nach Gelingen oder Scheitern stellt sich nicht. Nicht mehr. Früher, gerade aus dem Studiums-Ei geschlüpft, meinte ich noch DAS Kunstwerk schaffen zu müssen. Alles Quatsch. Lieber habe ich, im Laufe der Jahre, ein Caféhaus aufgesucht oder mich tagtäglich in meinem Atelier niedergelassen, um all die Gedanken zu sortieren und zu Papier oder Leinwand zu bringen, die mir so durch den Kopf geistern. Ein Bild reihte sich so an das nächste, ein Wort ergab das andere. Ab und an hatte ich tatsächlich das Gefühl etwas von mir (nicht von der Welt – herrje, nein!) verstanden zu haben. Dann aber versank dieses Gefühl schnell wieder in einem kleisterhaften Nebel. Das schreibe ich ohne Groll. Denn das ist mein menschliches Los: Angst, ständiges Zweifeln und Arbeiten (an sich selber). Diese Dinge gehen niemals weg. Wenn ich sie mir jedoch so ansehen, verlieren sie ihren Schrecken für mich. Und sind, was sie seien sollen: ein Teil von mir. Sie sind ich selbst. Wem dies zu sehr nach Analyse klingt, nach Unbehagen angesichts unserer Kultur, der darf sich entspannen: es ist nur meine Analyse, nur meine geliebte Obsession.