Reliquie meines Alltags

Um näher an den Bildern zu sein / knie ich nieder / will eintauchen in Farben / Linien auf meinem Rücken spüren / den Bilderatem vernehmen / Auf meinem Herzgeschlecht / sollen sie sich niederlassen / auf meinen Augenlidern sich verfangen / an den Wimpern / kleinen Angelschnüren gleich für Augenblicke / ziehe ich sie empor….

Mein Haus der Sprache

Meine Freiheit kann ich nur ausleben, wenn ich die Regeln meiner Sprache berücksichtige. Ihre schizophrenen Doppeldeutigkeiten lerne zu lieben, ihre Fallstricke zwischen den Zeilen benutze, um ein buntes Seil daraus zu flechten, mit dem ich mich bei Gefahr aus einem lächelnden Fenster meines Hauses abseilen kann. Meine Sprachregeln können geändert werden, damit ich, falls kein Seil zur Hand, einfach so davonfliegen kann. In einem Bild versteckt. Verborgen hinter einer schmalen Linie, in meinem Haus der Sprache, dem Ort meiner Kunst.

Eine Frage ist eine Frage ist eine Frage

Dieses „Kennen wir uns nicht?“ war nicht unbedingt die Frage, die ich von einem Bild erwartete, aber sie brachte alles ins Rollen. „Lassen Sie uns über den Tod reden“, forderte das Bild mich auf. Oder richtete sich die Frage gar nicht so sehr an mich, sondern an jemand anderen? Wen stellte das Bild denn überhaupt dar? Was war darauf zu sehen, zu erkennen, zu deuten? Alles bloß Hindernisse, die uns auf dem Weg zum Glück seit Ewigkeiten enorme Schwierigkeiten bereiteten?

„Lassen Sie mich auch eine Frage stellen. Was geschieht, wenn all diese Hindernisse beseitigt wurden? Was erblicken wir dann?“

„Chaos. Lautes, brutales Chaos.“ Wer diese Antwort gab, blieb offen.

Vor dem großen Glas

Unsere Liebesschwüre, erneuert, als würden wir unter einem liegenden Mond hinweggleiten, die Tiefe von Sachbüchern vergessen, nur Kriechtiere der eigenen Liebe sein, schutzbedürftig der gemeinsamen Kunst anheim gegeben… dem Brausen der Welt nur mit Küssen begegnen wollen… uns in einem Glas spiegeln, jedoch nicht sichtbar sein.

Gesamtmerkwürdigkeit der Kunst

Die Gesamtmerkwürdigkeit meines Lebens, meiner Kunst, ausgestellt in sonderbaren Räumen, in fast waagerechten Tunneln. Die Wände haben unzählige Türen oder ermöglichen Durchblicke auf und für ungewohnte Gänge.

Beim Betrachten all der Bilder, fallen mir bestimmte Dinge wieder ein…

Obwohl wir zu schlafen scheinen, ist immer noch Leben in uns. Und obwohl wir tagüber durchaus zu leben scheinen, ist da stets ein Traum in mir.

Ein immer wiederkehrender Traum, gefaltet aus einem einzigen, unendlich großem Stück Papier, verformt zu einem farbigen Schmetterling, einem Sohn.

Um den fraglichen Sohn in mir zu entdecken, falte ich zunächst ein quadratisches Papier zu einem Dreieck. Öffne es weiter, um die anderen beiden Ecken erneut zu einem Dreieck zu falten… Wenig später falte dann das Faltblatt zu einem Rechteck. Öffne es erneut, um die anderen beiden Kanten zu einem Rechteck zu formen. So vergeht die Zeit…Frühling, Sommer, Herbst, Vergangenheit…

…alles Momente, die ich von Herzen weiter zu öffnen verstehe. Voller Zweifel.

Ich falte deshalb eine Papierkante zur vertikalen Mittellinie meiner selbst hin und wiederhole das auch mit der anderen Kante… Irgendwann falte ich dann die Hälften meines Papier-Schmetterlings auf- und beglückt auseinander. Er flattert sofort durch seine Welt der Poesie, um sich auf einer schreibenden Hand niederzulassen. Leise singt er dort seine Lieder…

Die Falte ist für den Philosophen Gilles Deleuze der Beitrag des Barock zur Kunst. Bei seinem Kollegen Leibniz entdeckt Deleuze die Wendungen vom „Falten“, vom „Ein- und Auswickeln“. Ich falte meinen Schmetterling einzig und allein aus Liebe zu einem Leben aus und für die Kunst. Ich träume von einem windleichten Schmetterling aus Papier, der sehen kann, der zu hören vermag. Er kann schmecken, tasten, gehen und fliegen. Er weiß, ob ein anderer Schmetterling zu seiner Art gehört oder nicht. Dank seiner Kunst weiß er, dass bewegliche Schatten gefährlich sind. Vor ihnen bringt er sich in seinen Träumen in Sicherheit.

Der eigene Name spendet Identität. Vor allem der Vorname. Wohlklingend soll er sein, positive Assoziationen wecken. Es heißt, der Eigenname sei ein Tor zur Welt…

„Nennt mich Kunst.“

„Ich bin hier, um meiner Melancholie zu entfliehen.“