I’ve loved, I’ve laughed and cried

Lachen Sie nicht, aber Außenseiter wurden immer schon schief angesehen und teilweise sogar arg malträtiert. Mit Sprühsahne malträtiert oder mit Knüppeln geprügelt wie Besessene. Man sperrte Außenseiter in Schulschränke, tauchte sie in Eiswasser. Oder verfrachtete sie wie meinen Freund FRIEDRICH HÖLDERLIN, vielleicht kennen Sie ihn, in einen Narrenturm… Wissen Sie eigentlich, warum der Dichter verrückt wurde? Weil er gebeten wurde, so mir nichts, dir nichts, einfach mal so eben ein Gedicht zu schreiben… Einfach so, zack, zack, über ein Mädchen, an eine, die an seinem Turm vorüberging. Aber so funktioniert Kunst nicht. Niemals. An solchen Vorstellungen der Menschen über Kunst, da wird man echt bekloppt. Verstehen Sie das? Wenn deine Sinfonien niemand streamen will, dann komponiere doch einfach mal Fahrstuhlmusik, die Musik, die Kühe beim Abmelken beruhigt, das kannst du doch. Wenn mich jemand bittet, mal doch mal eben ein schönes Bild, das kannst du doch… schön muss es sein… nur richtig schön … ehrlich, ich weiß gar nicht, was das heißt… schön. Da kann ich doch nur verrückt werden.

Und deshalb gab und gibt es bei meinem Kunstverständnis nur eine Überzeugung…

Es geht nicht darum, dass Bilder gefallen. Sie sollen etwas mitteilen. Über die Liebe.

Das ist die ganze Wahrheit. Das ist meine Geschichte. Sie steht in meinen Bilder geschrieben. Man muß sie nur sehen können, die Wahrheit… die Liebe.

Ein Quantengebet

Galeriekarriere. Instagramruhm. Geniusversprechen. Doch wer schaut wem in die Augen, wer feilt am eigenen Charakter? Bergrabt mich, wo ihr wollt, meinte einst ein großer Philosoph. Ich präzisiere, im dem ich sagte: ich vergrabe mich in meinem Leben und weiß, man wird mich finden.

Wundersame Knospung

Seit geraumer Zeit ergänze ich ältere Werke von mir. Nicht, weil sie mir in irgendeiner Form unperfekt erscheinen, eher weil sie darauf gewartet haben, dass ich den Dialog mit ihnen jetzt weiterführe… Eine Mappe beschrifte ich mit meinem Credo:

So betrachtet begegne ich mir selber auf zahlreichen Feldern aus Papier. Dabei komme ich aus einer neuen Richtung, aus einer anderen Zeit, bringe Dinge mit, von denen ich früher nichts ahnen konnte. Die beiden Ichs spielen ein Spiel vor mir…

… als mein zukünftiges Ich betrachte ich dieses bedingungslose Tun mit Freude.

Poetisch wankelmütig

Die eigene Zeit ist mir eine Asservatenkammer von sichergestellten Begehren, Ängsten, Kinderanalysen, Aggressionen, Schuldgefühlen, Lüsten, Traumata; zugleich eine Inventarliste von immateriellen als auch materiellen Vermögenswerten in Form all meiner Bilder, all meinen Zeichnungen, den Collagen… meinem gesamten Werk: Positionen (dem Kamasutra gleich), mein Standort (im Atelier), Modell- & Seriennummer, mögliche Titel, Bemerkungen zu Gewicht und Aussehen, alles wird vermerkt, alles wird versucht wahrzunehmen. POWER AND PSYCHOTHERAPY TO THE PEOPLE, right on / Say we want an revolution / Singing / Power and Psychotherapy to the people…

„Blick ins Dunkel“ schrieb ich 1986 auf ein großes Stück Papier und ergänzte das Blatt (nur wenig später – fast im selben Augenblick) im Jahr 2024 mit „Ich liebe dich“. Meine Kunst zieht sich auf sich selbst zurück. Nur so besiegt sie mein Gefühl von Ohnmacht.

Einlagerungen in meine Außenzeit

Um mich selber köstlich zu unterhalten, habe ich mein permanentes Altern erfunden. Seine heutigen Bilder verknüpfe ich gerne mit Bildern aus seiner Jugendzeit…

Alles binde ich mir zu einem unendlichen Band des Vergnügens zusammen; steigere mich in eine künstlerische Übertreibung hinein, um mich dann selbst zu fragen, wer ich denn eigentlich & wirklich sei. „Simultaneität“ ist der Name, sage ich zu mir. Denn mehrere Leben und derer Geschichten werden schwungvoll zu einem einzigen Ich verwoben. Auf unterschiedlichen Ebenen verquicke ich meine Bilder zu aufgeschlossen und zugleich verschlüsselten Phantasmagorien.

Meine Werke sind mir unlängst Einlagerungen in meine „Außenzeit“ geworden.

Armer-Künstler-Genuss

Wie ich so daliege / Als Bild / Mit pappiger Haut / Bekleckert mit Farbspritzern / Überzogen mit weißem Leim / Schwarzer Tusche hinter den Ohren / Wirkt alles so zerbrechlich / Durch eine gewisse Rücksichtlosigkeit / Wie ich so daliege / Versuche ich meine Kunst zu retten / Vor dem Sklavenmarkt der Begutachtung / Niemals soll sie sich einem Wettbewerb aussetzen müssen / Nie in einer Miss-Art-Wahl auftreten müssen / Kein Hashtag soll ihr Brandmal sein / Wie ich so daliege / Als schmieriger Außenseiter / Unter verwelkten Blumen / Bin ich fassungslos erregt / Ich breite Flügel aus Leinwand aus / Auf die ich mich betten kann / Oder mich zudecken in kältester Nacht / Unter einem sternenklaren Himmel / Der aus Papier gefaltet ist

Zerpflücke keine Rose

Mein Kunstempfinden besitzt, man mag es vielleicht nicht glauben, einen latenten Widerwillen gegen das Zerpflücken von Bildern und Texten (speziell von Gedichten). Obwohl ich vieles in mir selbst in Frage stellen möchte, stellt sich mein Kunstleben-Gefühl gegen das wahllose Herausreißen einzelner Worte aus „blütenhaften Gebilden“. Bertolt Brecht meinte einst sehr richtig zu mir: „Zerpflücke eine Rose und jedes Blatt ist schön.“

Ich denke, er hatte Recht damit, denn jedes einzelne Teil meines Testaments ist schön. Doch erst zusammen gesehen ergeben sie ein Gedicht über mein (künstlerisches) Leben, einer Rose gleich. Wenn ich diese immer wieder versuche zu malen & zu zeichnen, dann aus folgendem Wunsch…

Millisekunden einer Ewigkeit

Ob schreiben oder malen oder zeichnen / jede tätigkeit ist denken / beizeiten auch ein denken vor dem eigentlichen denken / kunst zu betrachten bedeutet demnach jemandem beim denken zu beobachten / oder direkt seine gedanken zu betrachten / blitzlichtartige millisekunden für eine ewigkeit eingefangen