Remittenden-Charisma

Wo es viele Gewinner und Aufsteiger gibt, wollen diese ihre Vitalität auch beweisen, während zugleich das Bedürfnis nach einer offenkundig tröstenden Kunst geringer wird.“ So schreibt der Autor und Professor für Kunstwissenschaften und Medientheorie Wolfgang Ullrich in „An die Kunst glauben“ (TB, Klaus Wagenbach Verlag, Berlin, 2011). Und „Erzähl den Verlierern von Ende der Sieger “ bittet Wolf Wondratschek. Beide Schreiber spenden mir den nötigen Trost, wenn ich hinauf (fast möchte ich schreiben hinüber) zum Kunstolymp schaue. Aber wer bin ich, dass…? Und dann muss ich auch sogleich noch an Robert D. Laing denken, der mir einst, in Bezug auf die „Kunstgötter“ am angeblichen Olymp, liebevoll zuflüsterte:  „Sie spielen ein Spiel.
 Sie spielen damit, kein Spiel zu spielen.
 Zeige ich ihnen, dass ich sie spielen sehe, dann breche ich die Regeln,
 und sie werden mich bestrafen.
Ich muss ihr Spiel,
 nicht zu sehen, dass ich das Spiel sehe,
 spielen.“ Stets zwinkerte er mir zu, wenn er mir diese Weisheit geschenkt hatte, und gab mir einen freundschaftlichen Klaps auf die Schulter. Danach machte ich zufrieden und munter mit meiner Kunst weiter. Weiter. Immer weiter. Meinem Glück hinterher. So auch heute! So wie immer… Was bin ich denn als (unbekannter) Künstler, wenn nicht ein preisreduziertes Mängelexemplar? Wenn ich es aber schon bin, dann besitze ich allerdings auch ein schmuckes Remittenden-Charisma! Und darauf trink ich! Prost… Spielt ihr ruhig Eurer Spiel. Ich spiel meins.