Nichtlineares Triptychon

Your OUTSIDE is in When you INSIDE is out. Stehen diese Wörter für eine erotische Etüde meines Lebens? Und bedeutet das alles, dass ich im Falle von einer Reklamation meines Lebens, einen vorliegenden Quittungsschein zurücksenden soll? Bitte; welchen Schein genau? Ich meine, wo genau liegt dieser verborgen? Unter dem Stuhl, wo ich gerade zur Welt komme? Und wohin soll ich ihn denn schicken? Sprechstunden zu solchen Fragen sind Mo – Fr von 8.30 – 11.00 Uhr. Das war im Jahr 1990 schon so, damals hieß es noch: sanft gibt das Blatt der Reinheit des Kalten nach. Diese Poesie gilt jedoch auch heute noch, im Jahr 2024, denn ich habe mich nicht von der Stelle gerührt. Habe mich nur ganz vorsichtig bewegt.

Warum vergnügt die Rose sich, indem sie die Farbe ihrer Träume ändert? Das wollte ich schon 1988 erfahren. Eine Antwort darauf blieb ich mir allerdings sechsunddreißig Jahre schuldig. Ich fasste sie jedenfalls nicht in Worte zusammen; ich male mir vielmehr ein Bild aus, damit ich allmählich verstehen lerne, das dass, was ich im Prinzip als Wirkung und statischen Ausdruck meiner Kunst ansehe, dass dies zugleich auch die Ursache eines ganz anderen Werkes von mir sein. In und zu jeder Zeit, in der ich gerade zur Welt finde.

Kultivierbare Selbsttechniken

Neun kleine Bilder liegen vor mir, aufgereiht wie Das-Neun-Punkte-Problem, diese bekannte Aufgabenstellung aus dem Bereich der Denkpsychologie. Mit einer einzigen Linie will ich die neun Bilder zusammenfassen. Ich brauche dazu, ich gestehe, für so ein Spiel immer mehrere Anläufe, d.h. ich benötige mehrere Sätze, um über den mehr oder weniger bekannten Tellerand zu schauen. Ich betrachte also die Bilder und denke über ihren einengenden Bedeutungs-Rahmen nach; ich will gerne ins Offene gehen. Oder in das Mögliche, durch eine sprachliche Reflexion. Ich will mich fragen dürfen: was sehe ich denn da vor mir? Und ich will etwas benennen, will etwas behaupten…

Meine Bilder dürfen mir etwas erzählen. Von einer öffnenden Erfahrung, die aber nicht der Wahrheit letzter Schluss sein muss, sein kann.

Das mag ich: wenn mir die Bilder etwas sagen, dann allenfalls im Sinne einer paradoxen Brandrodung, vergleichbar jener Technik, bei der Vegetationsflächen unter Einsatz vom Feuer (meines Eifers) zu schwenden sind, d.h. eigentlich nicht zu roden, da die Wurzeln im Boden verbleiben. Und aus diesen Bilderwurzeln erwachsen an anderen Tagen neue Reflexionen. 

Ach, all meine Aussagen über meine Kunst sind wohl eher Fragen an meine Kunst. Und meine Bilder, sie gleichen Notizen…

Live-Inquisition

Vorsicht; neben dem angeblichen Verbrechen der Häresie, d.h. einer Aussage, die im Widerspruch zu obskuren Glaubensgrundsätzen steht, können durch die Inquisition auch andere Straftatbestände verfolgt werden, vor allem solche Fragen, die heutige Kunst berühren; wie etwa die Frage, ab wann die Kunst als autonom gelten kann. Oder schlichtere Fragen, wie nach der poetischen Magie eines Bildes. Egal ob mit oder ohne einer KI erschaffen.

Erinnerungen sind falsch oder frivol

All meine Erinnerungen sind entweder falsch oder frivol. Wer sich mit ihnen auseinandersetzen möchte, vergleichbar mit meiner Kunst, bemerkt, dass alles gelogen ist oder mit Sex zu tun hat. Warum auch nicht? Was ist so schlimm dabei?

Warum sollten sich meine Bilder nicht auch um Dinge drehen, wovon andere Männer und Frauen daheim heimlich träumen? Mit meiner Kunst träume ich halt öffentlich. Oder es wird erwartet, dass ich das tue. Doch schon längst verweigere ich mich diesem Anspruch, diesem unausgesprochenen Erwartungsanspruch. Wenn ich mich erinnere, also meine Kunst erschaffe, dann tue ich das für mich. Mit all den Bildern stelle ich mir ein Familienalbum zusammen, was ich von Zeit zu Zeit gerne durchblättere und mir die interessantesten Geschichten zu dem Dargestellten einfallen lasse. „Weißt du noch?“ frage ich mich dann. Oft nicke ich stumm; mal schaue ich verständnislos auf das, was vor mir liegt: eine vierzigjährige von einundzwanzigjährigem verehrt gezeichnet d.h. geliebt in der zeit wie der kreis den du in den windmühlen deines geistes findest

Zum Verständnis der „schwierigen Bilder“

„Was wollen Sie uns damit sagen?“

Sagen? Mehr denn je frage ich mich, ob Kunst etwas zu sagen hat. Ob sie überhaupt in Übereinstimmung mit einer Ortsbeschreibung zu bringen ist. Sogenannte Experten suchen in der ominösen Kunst stets nach Überschneidungen zwischen meinen persönlichen Schilderungen und den gesellschaftlichen Gegebenheiten bzw. politischen Strömungen in der Zeit. Ist Kunst aber nicht in Wahrheit (& Lüge zugleich) eine seltsame Expedition, die sich mit Sorgfalt, Hoffnung und einer völlig leeren Meereskarte aufmacht, um etwas zu finden, was nicht zu finden ist? Der Chor der Ältesten befragt mich dazu, man will meinen Namen wissen. Das bedeutet, ich muß, wenn auch widerstrebend, von meinem früheren Leben berichten. Obwohl, ich gestehe, so freudlos gehe ich gar nicht an diese Lebensbeichte heran. Ich trage sehr gerne ein Gemisch aus Wasser und Honig auf sämtliche Malgründe auf; die Bilder, die dadurch entstehen, sie werden so zu meinen Zeugen. Sie sollen und dürfen mich zu der Stelle (ver)führen, woher ich kam. Der ich einst den Rücken kehrte. Denn nur durch diese innere Geisteshaltung vermag ich zu ihr zurückzufinden.