Schwanenbeichte

Alles Abnorme musste ausgegrenzt werden. Entweder zum Zirkus, lautete die Devise, oder ins Kellerloch. Die Frage war bloß: Wohin gehörte ich? Gehörte ich zur Zunft der Possenreißer? War ich ein ebensolch eleganter Exzentriker und Wortverdreher wie zum Beispiel ein Zirkusdirektor? Oder war ich schlicht ein Narr? Ein kindliches Gemüt?

Ein Narr hatte kein Gewicht. Er war eine Feder im Sturm des Geschehens. Seine Andersartigkeit machte jeden Narr, selbst wenn er von seinen Eltern abgöttisch geliebt wurde, zum Außenseiter. Er war stets allein. Selbst im Kreis liebster Freunde. Und er blieb es zeitlebens, denn sein Unglück wollte es, dass er als Narr nie erkennen konnte,wenn ein anderer Narr vor ihm stand.

Der Narr war und blieb ein verlachter Seher. Seine Wahrheitssuche wurde ihm als Geschwätz ausgelegt und vorgeworfen. Das Publikum tolerierte den Narren, verurteilte ihn aber dafür, dass der Narr den Possenreißer kritisierte. Der Narr durchschaute nur zu gut das Spiel des Possenreißers, der an einer mit Diamanten besetzen Leine einen Pudel spazieren führte, der aus verchromten Luftballons geformt war. Der Narr wusste, dass dies das Publikum in Verzückung geraten ließ. Das Publikum glaubte einen Hund zu sehen, sah sich im spiegelnden Metall aber nur selber an. Diese Täuschung missbilligte der Narr.

Doch war er in Wahrheit kein Gegner oder Feind des Possenreißers. Ebenso wenig war er allerdings auch kein Verbündeter von ihm. Und deshalb hassten ihn die Possenreißer genauso, wie das Publikum sich von ihm abwendete. Für das Publikum war der Narr bloß ein armer Idiot!