Das Liebesbrief-Theorem

Der Ausdruck Theorem (von theṓrēma ‚Angeschautes, Untersuchung‘), ist mehrdeutig. Er bezeichnet allgemein einen Lehrsatz, eine Lehrmeinung oder den Bestandteil einer wissenschaftlichen Theorie; spezieller „die erklärten Sätze (Aussagen, Normen) eines Systems“ bzw. die in einer Theorie bewiesene Aussage respektive einen bewiesenen Satz. Aber das wissen wir ja längst alles!

Weniger bekannt ist die famose Erklärung meines Professors Gerd Aretz, wie & wann genau „freie Grafik“ entsteht oder schlicht zu verstehen ist. Man müsse sich, so Prof. Gerd Aretz, nur einen zwanzigseitigen Liebesbrief vorstellen. Die ersten Seiten wären noch akkurat, sauber, ordentlich, aber spätestens ab Seite 9 oder 10, wenn dazu noch ein oder zwei Gläschen Alkohol ins Spiel kämen, würden die Formulierungen kühner, Worte würden keck korrigiert, ganze Sätze mit Schmiss brutal durchgestrichen, gedankentrunkene Kommentare in unterschiedlichesten Farben am Seitenrand (oder sonst wo) verwegen untergebracht… So sieht es aus: genau an dieser Schwelle beträten wir Verfasser von Liebesbriefen den Ort der „freien Grafik“, würden durch einen Spiegel schreiten und unsere Briefe in Kunst verwandeln. Exakt. „I’m gonna sit right down and write myself a letter  / And make believe it came from you“ lautet von je das Credo aller Kunstschaffenden.