Der Begriff Kultur steht für eine widerspenstige Zähmung

Glaub mir…

„Meine Leidenschaften bestimmen mein Leben.“ Das schrieb mir meine Freundin Elizabeth Taylor vor geraumer Zeit in einem längeren Brief an mich. Und Richard Burton, mit dem ich ebenfalls eine intensive Brieffreundschaft führe, hatte in seinem Schreiben unlängst geäußert, dass, wenn man liebt, die Schuld bei sich selber suchen solle, nicht bei einem anderen Menschen. Das beweist mir, dass beide Freunde verstanden haben, was mir die eigene Kunst bedeutet: Leidenschaft. Und Liebe.

… dich zu zähmen, Kultur. Einer Wildkatze die Hand reichen, zusammen Kultur machen.

Eine widerspenstige Zähmung bedeutet stets Zusammenkunst. Bedeutet Kultur. Bedeutet sich nicht an eine Zeitbestimmung zu binden. Ein Kampf mit dem Drachen, um der Menschen welkend Leben zu erfrischen.

Feiner Rausch im „Café Altenberg“

Cafés und Ateliers sind Zauberorte, die mich zum Träumen animieren. Die Eingangstüren dienen an beiden Quellen als Fluchttüren. Hinter der verschlossenen Tür kann ich mich vor der Welt da draußen in Sicherheit bringen. Nur hier kann ich, vor der lauten Hektik der Außenwelt, zu Atem kommen. Hier finde ich zu mir. Nur hier sehe ich die vielen Bilder in mir aufblühen. Nur hier treffe ich auf längst verstorbene Freunde. Wie zum Beispiel den Schriftsteller Peter Altenberg.

Unter einem riesigen Mond aus Milchschaum sitzend, starr träumend, wird er durch meinen inneren Blick wieder lebendig werden…Teller aus Porzellan fallen urplötzlich auf den Boden einer Ausstellung und zerspringen. Die verschieden großen Teile schlingern in unterschiedlichen Tonhöhen klingend auseinander.

Die prächtigen Schweinebilder der Kunst

O wie freute sich unser Ritter, als er diese Rede getan! Und es verhielt sich dies so – wie man glaubt –, daß an einem Ort in seiner Nachbarschaft des seinigen ein Mensch lebte, der nannte sich Galerist. Dieser stellte das absolut Neuste vom Neusten aus. Ohne einmal richtig nachzudenken.

Unser Ritter nannte seine Bilder dagegen nur schlicht und einfach, zärtlich leise ausgesprochen, Kunst. Ein Name, der nach seiner Meinung wohlklingend, gleichwohl etwas sehr Besonderes war.

Die Paradoxie bei ausgestellter Kunst

Was soll das?

Nun, die Paradoxie der ausstellenden Kunst lautet / Nie darfst du einen Menschen / Der nicht zur Familie gehört / Merken lassen / Was du denkst / Glaub mir / Postkulturelle Pornografie / Braucht der Mensch wie einen Bissen Brot / Und wenn wir kein Brot haben / Sollen wir Kuchen nehmen / Nach ihm schnappen / Wie nach einer Hostie / Klar soweit / So lang ein Mensch noch träumen kann / Wird irgendwann ein Traum in Erfüllung gehn / Um sich seine Wege in die sträubenden Wolken zu lenken …

Immer schon habe ich aufgrund solcher Träumen mir meine Bilder geschenkt.

Selbst-Erlebtes als Rettungsboot

Sollte ich das Selbst-Erlebte als eine sogenannte Derealisation deuten? Was würde das bedeuten? Die Umwelt erschiene (laut Wikipedia-Experten) dann als Ganzes plötzlich unvertraut, auch wenn jedes Detail problemlos wiedererkannt und eingeordnet werden kann. Aber kann ich das denn je wirklich? Alles richtig einordnen? 

Eventuell sind meine Werke kleine Nachlässigkeiten? Von mir selber unbemerkt vor mich hin gestellt. Der Experte, wie stets mit einem weißen Laborkittel ummantelt, tritt just in diesem Moment aus der Kulisse nach vorne und doziert: „Sollten solche Wahrnehmungserlebnisse das Ausmaß einer Krankheit erreichen, werden die Integrität, das Einheitserleben und die klare Grenze zwischen Ich und Umwelt gestört.“

O, ich nehm das Gesagte gelassen hin, lege mir weitere Blätter aus und versuche aus ihnen mein Schicksal zu erfahren. Ich frage, soll ich mir aus den Papieren einen Sarg falten? Oder eher ein Rettungsboot?

Maßlos günstig

Mit Zeitungen, meinte mein schnauzbärtiger Freund Friedrich Nietzsche einmal zu mir, sollte man sich nicht einlassen. Das sehe ich indes völlig anders. Ohne meine Lokalzeitung hätte ich eventuell niemals erfahren, dass mein Name Detlef Buch lautet und ich nach der Lektüre meines eigenes Buches vielleicht eine ungefähre (!) Ahnung davon hätte, wie ich als Detlef Bach ticke. Also: ich liebe Zeitungen! Zeitungen sind das Rückgrat unserer Gesellschaft. Und ein Café ohne ausreichend viele Zeitungen, dies wäre kein Café für mich… ohne Rückgrat und Rückzugsort möchte ich nicht leben wollen.