Selbstinszenierungen und Therapie

Es gibt die Geschichte von meinem Freund, der zu seiner Therapeutin Selbstportraits mitbringen sollte, damit sie diese analysieren könne. Mein Freund erklärte vehement und eidesstattlich, dass er überhaupt nicht zeichnen könne.

Allerdings habe er einen Freund, er meinte mich damit, der schon unzählige Selbstportraits in seinem Künstlerleben angefertigt hätte. Allesamt so expressiv, dass Besucher meines Ateliers fluchtartig den Raum verließen, wenn diese Portraits gezeigt würden.

„Ist das so?“ wollte die Therapeutin, sofort hellhörig geworden, von meinem Freund wissen. Und ob man diese Werke denn einmal sehen könne. Mein Freund rief am Computer der Therapeutin meine Webseite auf.

Zusammen studierten sie dann meine Selbstportrait, bevor sich die Therapeutin wieder meinem Freund zuwandte. Nicht ohne noch flugs zu attestieren: „Ihr Freund ist ja ein höchst interessanter Fall.“

Schade nur, dass ich bis dato noch nie in Erfahrung bringen konnte, was genau mich oder meine Selbstportraits so interessant macht.

 

(Wen es interessiert: Bei zwei der Collagen aus meinem Tagebuch benutzte ich u.a. Fotos von Pieter Hugo. Die Textpassagen entstammen allesamt dem Buch „Der Freud Komplex“ von Anthony D. Kauders.)