Caput

Da stand er also. Und sie? Sie hatte sich hingekniet. Die Frau des Federmachers! Ihr Kopf war dicht am Schoß ihres Liebhabers…

Und was machte sie? Sie zitierte Heine. „Und viele Bücher trag ich im Kopf! Ich darf es euch versichern, mein Kopf ist ein zwitscherndes Vogelnest von konfiszierlichen Büchern.“

Die Frau des Federmachers, sie liebte Heinrich Heine. Viele seiner Gedichte kannte sie auswendig und rezitierte sie nach Lust und Laune. Oft und gerne, wenn sie sich bei einem Mann aufgehockt hatte. „Glaubt mir, in Satans Bibliothek kann es nicht schlimmere geben; sie sind gefährlicher noch als die von Hoffmann von Fallersleben!“ Ein, zwei kreisende Beckenbewegungen weiter, der Mann unter ihr verlor augenscheinlich seinen Verstand…

… denn er schleuderte nun seinen Kopf wie irrsinnig hin und her. Sie lächelte darüber zufrieden. Und hauchte ihm zu, indem sie sich nach vorne beugte:

„Die Göttin hat mir Tee gekocht und Rum hineingegossen; sie selber aber hat den Rum ganz ohne Tee genossen. An meine Schulter lehnte sie ihr Haupt (die Mauerkrone, die Mütze, ward etwas zerknittert davon), und sie sprach mit sanftem Tone: »Ich dachte manchmal mit Schrecken dran, dass du in dem sittenlosen Paris so ganz ohne Aufsicht lebst, bei jenen frivolen Franzosen. Du schlenderst dort herum und hast nicht mich an deiner Seite… (hier improvisierte die Frau des Fedemachers ein wenig)… Und die Verführung ist dort so groß. Nicht wahr?«

(NICHT WAHR? Kommt auch nicht im Text von Heine vor, aber diese kleine, niedliche Frage, sie passte der Frau des Federmachers jetzt gerade gut in den Kram. Oja, sie liebte die Obszönität des Fragens.) Der Mann unter ihr „explodierte“ förmlich…

Und sie? Sie lachte. „Wer hätte gedacht, dass Heinrich Heine so aufregend sein kann? So ein Dichter stellt doch seine geheimsten Gedanken als soziale Sprengsätze vor.“ Sprach es und erhob sich von ihrem ermatteten Liebhaber, um sich zu duschen.

„Was für eine Frau“, dachte er.