Für die Lebenden und die Toten

2

Nur weil ich Jazz spiele, schreibt Charles Mingus, vergesse ich mich nicht. Ich spiele oder schreibe, wie ich mich fühle… Musik ist und war immer eine Sprache der Emotionen. Wenn jemand vor der Realität flüchtet, glaube ich nicht, dass er meine Musik mag. Ich würde mir ernsthaft Sorgen über meine Schreibe machen, würde solch eine Person anfangen, sie zu mögen. Meine Musik ist lebendig. Und es geht darin um die Lebenden und die Toten, die Guten und die Bösen. Sie ist wütend. Sie ist echt, weil sie weiß, dass sie wütend ist.

3

Immer wieder habe ich Jazz durch das Wort „Kunst“ für mich ersetzt. Und statt an Musik, denke ich „Bilder“. Dann nicke ich Charles Mingus verständnisvoll zu.

Bach spielt Bach

-Worum geht es Ihnen, Herr Bach? Um Authentizität? Das Echte? Die Anziehung eines Werkes, das wissen Sie, ergibt sich bekanntlich erst aus dem Spannungsfeld zwischen ihrer Arbeit selbst und seiner Inszenierung. Also zwischen Öffentlichkeit und Privatheit, zwischen Distanz und Nähe, zwischen Geheimnis und Ähnlichkeit.  Auch Interviews wie dieses hier suggerieren nur Unmittelbarkeit und bezirzen am Ende allenfalls mit dem „Charme der Authentizität“. Fest steht also: Sobald das Aufnahmegerät läuft, beginnt das Medienspiel.

Bildschirmfoto 2015-10-03 um 10.38.41 Kopie

-Sehr richtig. Lassen Sie es mich demnach so sagen: Der unverwüstliche Trick meiner „Goldberg-Variationen“, die Quelle ihres unerschöpflichen Witzes, besteht zum einen in einer ständigen Vermischung, Überlagerung und einer geradezu barocken Überblendung verschiedener Ebenen. Zum anderen aber ist da vielleicht auch eine von Hassliebe, Abhängigkeit und Willkür gespielte Beziehung zu diesem Herrn Goldberg selbst.

-Ahhh..ja!?

Bildschirmfoto 2015-10-03 um 10.39.24 Kopie

-Verstehen Sie? Tabus werden gebrochen. Blasphemie und Poesie sind keine wirklichen Gegner. Mit anderen Worten: Die Goldberg-Variationen sind ein Glücksfall für jeden Interpreten/Künstler. Oder anders formuliert: die reinste Erfüllung! Dabei ist Idealismus immer wichtiger als Marktgängigkeit. Denn auch wenn man mit den massentauglichen Sachen vielleicht mehr Geld verdienen kann, zahlt man dafür einen sehr hohen künstlerischen Preis, finde ich. Im Crossover ist eine Art von Äußerlichkeit oder Effekthascherei dabei, die der künstlerischen Entwicklung nicht guttut. Mein Konzept basiert deshalb vielmehr auf der Gliederung der Stücke des Bachschen Werkbestands in Satztypen… sehr frei nach Henri Michaux, der einmal sagte: „Ich war ein Wort, das mit der Geschwindigkeit des Gedanken voranzukommen suchte“. Entschuldigung, das hab‘ ich mir erlaubt.

Bildschirmfoto 2015-10-03 um 10.40.19 Kopie

(Detlef Bach im Gespräch mit Detlef Bach, anlässlich seiner BLOG-Einspielung „Bach spielt Bach“.)

Meinen Kritikern ins Poesiealbum gezeichnet und geschrieben

P1240745

Farbenblindheit ist selten; Kunstblindheit die Regel (aber soll ich mich deswegen für pervers oder im Unrecht halten ? ! ). Das ist ja schon ein Sanskritsprüchwort, daß die meisten Menschen nur noch Funken geben, wenn man sie mit der Faust ins Auge schlägt ! : also male Maler, schreibe Dichter, mit der Faust ! (Denn sie müssen ja irgendwie aufgeweckt werden, die Halbmenschen hinter dem Grenzphahl : drum laß Dich getrost „Schläger“ schelten von den Furchtsamen; „Brandstifter“ von den Feuerwehrleuten; „Ein-Brecher“ von den Schlafenden : möchten sie ihren betreffenden Göttern doch fürs endliche Aufwachen danken!). ( Zitat: Arno Schmidt)