Eine Larve mit zwei Gesichtern

Die totgeborene Schwester wird lebendig in meinem Larvenbild. Es gilt ihr zu zeigen, was sie im Leben versäumt. Ihr lege ich meine Bilder zu Füßen. Wo ich bei anderen nicht hinhöre, da darf sie mich kritisieren. Ihr versuche ich ähnlich zu werden. Will ihre Stimme aus Porzellan in mir hören, eine Stimme, die imstande ist zu erzählen von einem Tod, der schon vor dem Leben kam.

„Liebste Camass, Dein Herz aus Kaolin, Quarz und Felsspat, bebrannt bei 900 bis 1000 Grad Celsius, viel zu heiß und viel zu groß, als das es Platz in Deiner Brust finden könnte. Dein Tod kühlte alles ab, ließ Dein Herz wieder schrumpfen und legte es in Deinen Körper zurück. Dein Herz hörte nie auf zu schlagen, weil meine Gebete es wachhielten bis in alle Ewigkeit. Und weit darüber hinaus. Meine Küsse, die ich Dir im Traum zuwarf, sie legten die zauberhafte Glasur für Deine Haut fest. Ich mischte die Tonmineralien an, um sie als Dein Bruder und Porzellanmaler zu färben mit Gold- und Platinnuancen…“ 

Unterhaltung/Kultur

Meine Kunst ist nicht dafür da, um vordergründig zu unterhalten, um über Plüschmöbeln ihr Dasein zu fristen; meine Kunst wirft vielmehr schwarze Schatten aus Porzellan. Meine Bilder existieren durch und in jenen transluzenten Scherben, die in ihrer partiellen Lichtdurchlässigkeit Erkenntnis erst möglich machen… Sie setzen mir eine Krone auf, aus diesem ganz speziellen Material.

Die eigene Existenz als etwas Meteorisches

Mein Bild enthält Spurenelemente eines fieberhaften Schaffen, wie auch von schamanenhaftem Rausch, von überwallenden Aufschwüngen meines galoppierenden Geistes, hier und da erkennt man Reste von Orgiasmus, als auch Trunkenheit; heilige Raserei ist nachweisbar, maßlose, romantische Sehnsucht ebenso. Zu Risiken und Nebenwirkungen meiner Kunst befragen Sie die hinabgerissenen Dichter, lesen Sie Philosophie, die aus dem Schatten eines Gefühls die Welt auf ihre Spitze stellt.

Ich singe in Bildern

Über was singen meine Bilder? Ich lausche und höre es genau: „Ich singe den Leib, den elektrischen, / Die Heerscharen derer, die ich liebe, umgürten mich, und ich umgürte sie /… / Die Liebe zum Leib eines Manns oder Weibes spottet jeglicher Rechenschaft / … / Der männliche ist vollkommen und der weibliche ist vollkommen. /…/ Hast du jemals eines Weibes Leib geliebt? / Hast du jemals eines Mannes Leib geliebt? /… / … dies sind nicht die Teile und Gedichte des Leibes allein, sondern der Seele, / O nun sage ich, sie sind die Seele!“ … WOW … (Walt Whitmann & ich)

Es geht weiter…

Wo Welt und Fantasie sich gegenüberstehen. Oder miteinander tanzen, zusammen einen Blick auf Unmöglichkeiten werfend, ohne schamhaft zu erstarren, da will ich ein Ich sein. Aus den Holzplanken meiner Wiege zimmerte mir ein anderes Ich einst mein Atelier, mäanderte dann umher, stetig sich verändernd in aufsteigenden Schwärmen von Papierfliegern, auf denen es Zeichnungen für mich hinterließ… In ihren sprenkelhaften Schatten, entdecke ich ab jetzt nur noch Schönwetterphänomene, um in Tränen der Freude auszubrechen. Mit der Dämmerung werde ich nach wie vor gerne telefonieren. Für meine Melancholie weiterhin einkaufen gehen.

Solche Theatralik zieht ein in die Poren der Atelierwände und die Tiefe von Raum und Zeit, sie steigert meine Lust auf Kunst geradezu in einen Wahn. Um damit fertigt zu werden, ziehe ich nun mühelos einen Kreis um Realitäten, um sie darin für immer gefangen zu halten. Oder als nette Erinnerung in ein Regal zu stellen. Mit anderen Worten: es geht weiter, immer weiter…