Archiv für den Monat: August 2015
Ein Klang wie ein Wort wie ein Bild
„Bach orientiert sich nicht an Konventionen, an kunsthistorischen Kategorien und nicht an Trends. Den gegenwärtigen Neo Rauch-Boom unter dem Titel „Neue Leipziger Schule“ kommentierte Bach kürzlich lapidar: Ich bin nicht Leipziger Schule; ich bin vielleicht Leipziger Allerlei. Ich finde, das beschreibt ganz gut Bachs Bestreben, sich inhaltsarme Moden und oberflächliches Kunstszene-Getue vom Leib zu halten. An die Fleischtöpfe hingegen, an das, was Bachs Arbeiten so besonders macht, kommen nur jene ran, die sich ernsthaft und spielerisch zugleich Bachs Werken nähern. Das macht es ihm und den Betrachtern seiner Bilder nicht einfacher. Photographien, Malereien, Übermalungen, Textfetzen, Zeichnungen und anderes mehr versammeln sich auf einer Leinwand. Schicht auf Schicht auf Schicht. Bisweilen erkennt man auf den ersten, zweiten oder dritten Blick auch Bach selbst. Oder vermutet ihn dort. Unterhalb der Gesamtexpressivität der Bilder kann man so ein leises Summen oder eben Flüstern vernehmen. Ein Klang wie ein Wort wie ein Bild.
So ist Detlef Bach letzten Endes auch ein Theatermacher. Oder anders gesagt: Er führt Regie in einem zunächst zweidimensional erscheinenden Theater. Löst man aber die Eintrittskarte, so erkennt man, dass es sich um Vorlagen handelt, die ihre eigene Inszenierung gleich mitliefern. Hinter den Kulissen in Bachs Theater arbeiten in der Requisite, der Inspizienz, in der Dramaturgie, in Gewandabteilung und in den Werkstätten Glenn Gould, David Hockney, Hans Werner Henze, André Gide, Wolfgang Max Faust, Lukas Cranach, aber eben auch Superman und Batman, Lassiter, Fred Feuerstein und Barny Geröllheimer. Auf der Bühne tummeln sich Flüsterlaute, Frank Sinatra, Dean Martin und Sammy Davis Junior; Klaus Kinski, Arno Schmidt, Glenn Goulds Stuhl, Kartenspieler… und alle helfen bei der Suche nach DEM Bild, nach dem Bild vom Leben. Was für ein Personal, was für eine Besetzung! Was für eine Inszenierung! Mir sagte Bach einmal: wenn ich es gefunden und geschaffen habe, DAS Bild, das Bild, nach dem ich suche, dann ziehe ich mir die Schuhe aus und steige hinein. Wenn es ihm gelingt – dann wird er sich selbst dort treffen.
Sich selbst finden. Und das Bild vom Leben – Es gibt sicher nicht viele, denen dies wirklich gelungen wäre. Hin und wieder, völlig unerwartet, flackert für den Bruchteil einer Sekunde eine vage Ahnung auf…“ ( schreibt mein Freund Andy Dino Iussa; Katholischer Spurensucher und Theatermacher)
Das rätselhafte letzte Wort
Unterhaltung (Ich schreibe/collagiere/zeichne, also bin ich. Denk ich.)
„I’m gonna sit right down and write myself a letter; And make believe it came from you; I’m gonna write words, oh, so sweet; They’re gonna knock me off my feet; Kisses on the bottom; I’ll be glad I’ve got ‚em; I’m gonna smile and say „I hope you’re feelin‘ better“; And sign „with love“ the way you do; I’m gonna sit right down and write myself a letter; And make believe it came from you…“ (singt Dean Martin während ich schreibe, collagiere oder zeichne.)
Brüderchen und Schwesterchen (Spass & Wahn)
O, ich singe/male/collagiere im Delirium; die Betroffenen verlieren an diesem zauberhaften Ort vorübergehend die Orientierung und die Fähigkeit zu logischem Denken; häufig treten auch Halluzinationen auf. Ein Delirium kann sich bei jeder Krankheit einstellen, die mit hohem Fieber einhergeht. In schweren Fällen leiden die Patienten manchmal unter Wahnvorstellungen: „Wer aus mir trinkt wird ein Reh“… „Mein Schwesterlichen, lass mich herein“… „… mach mir auf, ich muss hinaus.“ Und hätte das Brüderlichen nur seine menschliche Gestalt gehabt, es wäre ein herrliches Leben gewesen.
Aber seine Gestalt ist die eines Künstlers. Der König und die Jäger setzen ihm täglich/stündlich/minütlich nach, können ihn nicht einholen, und wenn sie doch einmal meinen, sie haben ihn gewiss, da springt der Künstler über das Gebüsch weg und ist verschwunden. Ach ja, der Künstler soll ruhig und freundlich, wie ein griechischer Gott, mit den Menschen und dem Leben verkehren. Nur wenn es ihn zu berühren wagt, möge er verschwinden und nichts als Wolken zurücklassen. Oder einfach im Gebüsch verschwinden. Wie Hammy, dieses total überdrehte Eichhörnchen aus dem Dream-Works-Animationsstreifen ‚Ab durch die Hecke‘. Als Künstler gehört das Brüderchen mit Sicherheit zur Familie „der Eichhörnchen“ und hat äußerst hyperaktive Züge. Und seine Schwester? Nun, wegen ihr ist er doch nur da! Ihr zeigt er all das, was sie leider versäumt hat. Und zum Dank summt sie ihm, in aller tiefster Nacht, in sein Ohr: „Wer ist beglückter als du?; Nichts als Vergnügen und Ruh; Spielwerk und Zucker vollauf; Und noch Karossen im Lauf; Alles besorgt und bereit; Dass nur mein Prinzchen nicht schreit; Was wird da künftig erst sein?; Schlafe mein Prinzchen, schlaf ein; Schlaf ein; Schlaf ein…“
Die Frau des Federmachers und ich
Was macht eigentlich…
Was macht eigentlich die Frau des Federmachers? Herrje… all das aufzulisten, was ihr in den vergangenen Monaten passiert ist, welche Abenteuer sie erlebt hat, welchen Liebhabern und Liebhaberinnen begegnet, dies alles würde den Rahmen von meinem BLOG sprengen. Eine kleine Geschichte sei allerdings erwähnt: Die Frau des Federmachers, man wird sich daran erinnern können, ist bekanntlich eine leidenschaftliche Schwimmerin. Schon seit Kindertagen verbrachte sie mehr Zeit im Wasser, als auf dem Land. Ihr Onkel besaß einen alten Fischkutter. Und hieß Onkel Hinnie. Die zweite Leidenschaft in ihrem Leben ist natürlich die Kunst. Nur selten konnte sie, zu ihrem großen Missvergnügen, beiden Leidenschaften gleichzeitig frönen. Aus diesem Grund war die Frau des Federmachers mehr als erfreut, als sie vor Monaten von einer großen Ausstellung im Göttinger Stadtbad hörte, die den Titel trug „Das Maritime im Werk von Peter Paul Rubens“. Die ausgestellten Exponate wurden über und, was hier besonders wichtig ist zu erwähnen, auch unter Wasser präsentiert! Selbstverständlich waren die Werke deshalb hervorragende Kopien auf speziellem Hightech-Material. Die neugierigen Besucher der Ausstellung waren aufgefordert wurden in der Ausstellung nur Badeklamotten zu tragen… denn schwimmend, als auch tauchend, sollte, durfte bzw. konnte man so neue Aspekte im Werk des großen holländischen Malers entdecken. Die Frau des Federmachers war von dieser Idee mehr als begeistert! Dreimal besuchte sie diese zauberhafte Ausstellung, dessen Kurator, Dr. Jens-Peter Isenburg, einige Bilder von Rubens sogar an den Wänden der Duschen zeigte, sodass „das Zusammenspiel von Seife und Lichtführung“ (so Isenburg) eine ganz eigene Qualität erlangen konnte.
Begegnung
Von Pontius zu Picasso
“…mit einem Gefälligkeitsurteil soll Pontius Pilatus den göttlichen Heilsplan voran getrieben haben,“ lese ich. Und nur wenig später dann: „Die meisten älteren Maler wollen, dass du dich genau an die Nonnen anpasst.“ Eigentlich heißt es in dem Essay „Normen“ und nicht „Nonnen“. Ich muss aber gestehen: „Nonnen“ finde ich viel interessanter. Allzu gerne würde ich mich (nur den absolut unkatholischsten von katholischen) Nonnen anpassen & hingeben wollen! Wenn diese denn mögen, wohl bemerkt. Der Grund für diese Überlegung ist ganz einfach: Auf einem der vielen Bücherstapel in meinem Atelier habe ich das Buch „Denn ich bin nichts, wenn ich nicht lästern darf“ von Robert Hughes wieder entdeckt. Es lag unter der Zeitung DIE WELT, die die Headline trug: Wer war der Mann, der Jesus zum Tode verurteilte? Ich lege die Zeitung zur Seite, schlage stattdessen lieber eine Seite in dem Taschenbuch auf und lese etwas über den Maler Julian Schnabel.
„Man sieht an seinen Gemälden immer das, was er zuletzt gesehen hat“, schreibt Hughes über Schnabel. Oje, denke ich, das ist ja wie bei mir! Was habe ich doch für ein ungeheures Glück, dass Robert Hughes nie die Chance oder das zweifelhafte Vergnügen hatte, über mich zu schreiben. Ich wäre sicherlich gestorben. Vor Scham! Schnabel sei ein eklektischer Künstler, stellt Hughes scharfsinnig fest. Dann wäre ich das wohl auch. Und noch dazu ein barocker Minimalist. Mit dem Hang sich wildfremden Nonnen anzupassen. Oder hinzugeben. Je nach Gelegenheit.
Wer sollte mich als Künstler ernsthaft sammeln wollen? Naja, vielleicht passiert in nächster Zukunft noch was. Soll ja bekanntlich alles möglich sein, denn „urplötzlich beschlossen erst zig und dann Hunderte der Neureichen (Börsengewinnler, Immobilienspekulanten, Soap-Opera-Produzenten, Agenten, Werbeleute und alle möglichen wichtigen Leute, deren Unsicherheit in kulturellen Fragen nur noch von ihrer beruflichen Eitelkeit übertroffen wurde), dass sie, da ihnen ja alles zustand und das sofort, nun auch bedeutende Kunstsammler werden wollten.“ Und DAS (!!!) ist genau der Grund, warum ich nicht verkaufen möchte, denke ich.
Vor allem nicht an Neureiche. Bei Altreichen bin ich mir nicht immer so sicher. Bei denen hemmt mich aber meist ihre lateinische Bildung („De Bello Gallico“ von Gaius Iulius Caesar im Original lesen, nur im Original, ohne Übersetzung!). Nun ja… bedeutende Kunstsammler, schreibt Robert Hughes, kaufen alle „im Grunde die selben Bilder der selben Maler“ – „ein Herdentrieb, der die Monotonie erklärt, zu der man verdammt ist, wenn man… von einer neuen Sammlung zur anderen geht.“ Unbedeutende Kunstsammler kaufen dagegen kreuz und quer. Und weil ich genau so arbeite, wäre es doch schön, wenn wenigstens unbedeutende Kunstsammler mich sammeln würden. Und dann, am besten: nur mich! Denn „kreuz und quer“ bin ich schon ganz alleine.
Robert Hughes wirft Julian Schnabel „Bildergeschmiere“ vor. So ein Urteil, ob nun aus Gefälligkeit oder Gehässigkeit, würde mich hart treffen. Ich bin schließlich kein so herzloses Genie wie Pablo Picasso. Diese Erklärung musste jetzt sein. Denn sonst wäre die Überschrift zu diesem Beitrag völlig ohne Sinn und Verstand gewählt. So hat man wenigstens ein bisschen das Gefühl, ich könnte die Sache hier noch auf den Punkt bringen. Aber…: Nö! Schaff ich nicht.
Und warum? Nun, nur so zum Beispiel, Max Beckmann hat sich stets jegliche Erklärungen zur Kunst verbeten! Keine Erklärungen! Nichts. Malerei vertrüge einfach keine Worte, so Beckmann. Okay. Wie er meint. Das muss er letztendlich selber glauben. Aber ich bin Max Beckmann gegenüber immer sehr skeptisch geblieben. „Wenn schon so explizite Gemälde wie“ (Selbstbildnis im Smoking von Max Beckmann) „sich derart schwer lesen lassen,“ schreibt Hughes, „so können seine allegorischeren Bilder… so unergründlich sein wie die von Hieronymus Bosch. Was soll man von diesen Clowns und Fischen und blinden Ödipus-Figuren, eingesperrten Frauen und verstümmelten Statuen, flittchenhaften Zigarettenmädchen oder griechischen Henkern halten?“ Ich weiß es doch auch nicht.
Sehen Sie, was ich meine? Beckmann hat einfach zu wenig zu seinen Bilder gesagt! Was für ein Glück also, dass dies hier mein BLOG ist. Da hat man doch wenigstens was zum Lesen. Manch einer wird das für banal halten. Seien Sie jedoch versichert: Überlegungen sind banal! Gelegentlich ergänzt man sogar noch, das das Banale ein notwendiges Gepäck sei. Vor allem am Anfang einer Reise. Dafür kann nun aber niemand wirklich gescholten werden. Denn nur „wer eine neue Sekte oder eine unvernünftige Religion einführt, wer einen Tumult erregt und das Volk verhetzt, wird, je nach Personenstand, gekreuzigt, den Zirkusbestien vorgeworfen oder auf eine Insel verbannt.“ Soll Pontius Pilatus gesagt haben. Darüber finde ich allerdings nichts bei Robert Hughes. Dann war Pontius Pilates wohl auch nicht so eloquent auf dem – ach so – bedeutenden Kunstmarkt unterwegs, wie angenommen. Und er interessiert mich aus diesem Grund auch nicht weiter… Punkt
Nochmal: Man sieht an den Gemälden von Julian Schnabel immer das, was er zuletzt gesehen hat. Und bei meinen Bildern sieht & liest man immer, wie ich gerade so drauf bin.
Ich mag nicht mehr Wurzel sein
Eine Künstlergeburt!!!
„… das Schlimmste, was einer deutschen Familie passieren kann, ist, einen Künstler oder Intellektuellen aufnehmen zu müssen.“ Meint der (Film-)Publizist Georg Seeßlen. Was für eine Schmach: Eine Mutter bringt einen Künstler zur Welt.
„Künstler“, so Seeßlen weiter „sind in deutschen Krimiserien geborene Mörder, zumindest PORNOGRAFEN oder anders DEKADENT. Wenn Kommissar Derrick“ unter den Reichen und Schönen „einen Mord aufdeckt, so ist zumindest am Rande immer ein kränklicher Intellektueller beteiligt.“ Ich wollte bekanntlich immer in meinem Paradies hocken bleiben… (siehe Rubrik „Schwanenbeichte“), aber leider… es ist eben anders gekommen. So brachte meine Mutter mich zur Welt: “Ich mag nicht mehr Wurzel sein. In der Finsternis schwankend, ausgestreckt, zitternd vor Schläfrigkeit, immer abwärts, saugend und sinnend, überdrüssig meines Schattens. Es geschieht, dass ich müde bin… zu müde, um Mensch zu sein“; ich kam zur Welt, mit Gedichtfetzen von Pablo Neruda auf den Lippen.