Bist du der Neuling?

„Bist du der Neuling, den es zu mir zieht?“ So hatte die Frau des Federmachers gefragt. Ihr Gegenüber starrte sie mit großen Augen und offenen Munde an. Sie lächelte und fuhr fort: „Zuvor sei gewarnt, ich bin sicherlich ganz etwas anderes als du glaubst.“

„Glaubst du in mir dein Ideal zu finden? Denkst du, es sei so leicht, meine Liebe zu gewinnen? Denkst du, meine Freundschaft werde ungetrübte Befriedigung sein? Denkst du, ich sei verlässlich und treu?“

„Siehst du durch diese Fassade, diese milde, duldsame Art von mir nicht tiefer hindurch? Glaubst du, du nahtest auf wirklichem Grund einer WIRKLICH WIRKLICHEN FRAU?“

„Hast du, o Träumer, nicht bedacht, es sei vielleicht alles nur Maja, Schein?“ Die Frau des Federmachers erwartete auf all diese Fragen keine Antwort. Sie fasste den Neuling mit sanften Druck an den Schultern, so dass er vor ihr auf die Knie sank. Dann drückte sie seinen Kopf mit beiden Händen an ihren Schoß.

(Der Text, den die Frau des Federmachers hier spricht, basiert auf einem Gedicht von Walt Whitman)

Die Würze des Lebens

(Ort: Ein kleines italienisches Eiscafé in Wuppertal-Elberfeld. Wie schon oft in der Vergangenheit treffe ich mich dort mit meinem alten Freund Arno Schmidt, um mit ihm über Kunst zu debattieren. Über die Bilanz des Lebens, Träume und andere Ausweglosigkeiten. Arno Schmidt bestellt wie üblich einen Espresso, ich bekomme einen Cappuccino.)

Detlef: Liest du eigentlich die Kritiken über deine Arbeit?

Arno: Nein.

Detlef: Vernünftig. Sehr vernünftig. Sollte ich auch nicht tun. Als ich mal eine sehr große Ausstellung in Düsseldorf hatte und dort einige „hohe Tiere“ vorbeischauten, bekam ich einen halbseitigen Artikel, vierspaltig… Mann, war ich stolz. Leider wurde ich aber erst am Ende des Artikels erwähnt. Und zwar sehr lapidar mit „Und nach den Lachshäppchen gab es auch noch Arbeiten von Detlef Bach zu sehen.“

Arno: Ich bin auf diesem lächerlichen Planeten mehr anmassenden Dummköpfen begegnet, als ich erwarten durfte.

Detlef: Vielleicht sind die Dummköpfe aber die eigentlichen Gewürze des Lebens.

Arno: Oder Gott hat die Welt mit Idioten versalzen, wer weiß das schon?

Detlef: Apropos… Wie stellst du dir das Paradies vor? Oder anders formuliert: Was würdest du dir von Herzen für dein Künstlerleben wünschen?

Arno: Eine feste Monatsrente von 1000 € und 10 Jahre keinen Besuch. Und du?

Detlef: Ich… ich…

Arno: Der Bach »windet sich» ebenso wie die Straße.

Detlef: Und du bist und bleibst ein Träumer. Lass uns zahlen. Gehen wir unser Leben ein wenig nachwürzen.

(Beide verlassen wir kurz daraus das Café. Wir müssen weiter, immer weiter, unserem Glück hinterher.)

 

So neulich, als wäre es gestern gewesen

Neulich in der Holsteinerstr.: Ein Monster! So, als hätte Antonius schon wieder eine Vision… das hört aber auch nie auf, denkt das Monster, das träumt Antonius zu sein, der träumt ein Monster zu sein, das träumt Antonius…

(Danke, Antonia!)

Wiederholungszwänge (Skizzen)

„Der Mythos ANTONIUS löst sich, wenn überhaupt, im Fluss unser Medienwelt auf,“ erklärt er (Adam). „Er will gar nichts erklären. Nein. Dieser Un-Heilige, er erklärt sich aber ständig selber.“ Er ist nicht zu deuten. Und er will nicht gedeutet werden. Antonius will sich selber auflösen. „Je schärfer man in an sieht, umso unschärfer wird das Bild von ihm.“

Die Gleichung lautet „Verlust von Unschuld = Aufdecken einer Schuld“.

Berufswunsch

Immer wieder höre ich von Menschen, dass sie Künstler werden wollen. Das ist natürlich Blödsinn. Jemand der Künstler werden will, möchte meist nur Künstler sein. Aber WERDEN ist etwas anderes. Schauen Sie mich an. Ich wollte als Kind bzw. als Jugendlicher „Rathgeber vor bei und nach dem Beischlafe“ sein.

Aber, was soll ich sagen: meine Eltern waren strikt dagegen. „Nein, das bist du nicht,“ sagte mein Vater nur lapidar und schaute dabei nicht einmal richtig von seiner Morgenzeitung auf. Was also tun? Nun ja, meine Mutter ließ ich an diesem Morgen lieber, wie dann auch meinen Vater, was mein zukünftiges Wesen betraf, lieber im Ungewissen. Für sie war ich halt ihr Kind. Und kein (O, ich hatte mich so auf diese Rolle gefreut) „Rathgeber vor bei und nach dem Beischlafe“. Wie hätten meine Eltern aber auch ahnen können, dass ich nun… ein Künstler werde?! Ein Künstler! Sie wussten es noch nicht. Aber ich! Und in der Nacht musste ich mich aufgrund dieser Erkenntnis, die sich in meine noch jungen Künstlerlungen zwängte…erbrechen!!!! Und genau deshalb rate ich den Leuten, die was sein, aber nichts werden möchten, auch lieber vom Künstlertum ab. Denn man muss schon knien können, um erbrechen – oder wenigstens verachten – zu dürfen. Und knien mag man nicht, wenn man doch was ganz Großes sein möchte.

Weiter! Immer weiter…

(Ort: Ein kleines italienisches Eiscafé in Wuppertal-Elberfeld. Wie schon oft in der Vergangenheit treffe ich mich dort mit meinem alten Freund Arno Schmidt, um mit ihm über Kunst zu debattieren. Über die Bilanz des Lebens, Träume und andere Ausweglosigkeiten. Arno Schmidt bestellt wie üblich einen Espresso, ich bekomme einen Cappuccino.)

Detlef: Arno, eine einfache Frage. Was bedeutet Glück für Dich?

(Arno sieht mich irritiert an. Dann antwortet er)

Arno: Wenn ich keine Menschen sah, war mir immer am wohlsten.

Detlef: Das kann ich von mir nun nicht behaupten. Ich bin gern mit Menschen zusammen. Wahrscheinlich unterrichte ich deshalb auch sehr gerne. Ich brauche einfach das richtige Publikum. Stagediving funktioniert alleine ja auch nicht so richtig. Stage|di|ving n.; – od. –s; unz. während eines Konzertes das Springen eines Musikers od. Zuschauers von der Bühne in das Publikum [< engl. stage »Bühne« + dive »springen; tauchen«]

Arno: Nett formuliert. Sage Mir, wohin du gehst; und Ich geh, sofort, anders=rum!

Detlef: Was soll denn das jetzt für eine Bilanz sein? Ich bitte dich.

Arno: Bilanz? Das ist zu früh mit 51. Wie sollte die auch aussehen?

Detlef: Was weiß denn ich?

Arno: Man hat mir schon nahe gelegt, ich sollte einige meiner Bücher kommentieren. Ich sollte die technischen Schwierigkeiten, vor allen Dingen die Struktur, also das große Gerüst, und zu guter letzt die Oberflächenbearbeitung, erläutern.

Detlef: Und würdest du…ich meine, hast du?

Arno: Ja, dies wäre eine gewisse Verpflichtung. Aber ich komme im Augenblick nicht dazu.

Detlef: Tja. Irgendwas ist immer. Ich habe auch einmal versucht mein Werk zu kommentieren. In Form eines Buches. „Die √ersuche“ lautet der Titel dieser Arbeit. Die Reaktionen waren interessant. „Ihr Veröffentlichungsangebot ist ohne Zweifel sehr interessant,“ hieß es dazu später „und ließe sich sehr schön realisieren. Dennoch muss ich Ihnen für unseren Verlag einen negativen Bescheid geben. Die Spezialisierung unseres Hauses auf eher populäre Titel aus den Bereichen Bildende Kunst, Design und Architektur äußert sich in einer strikten Programmstruktur mit klar definierten Reihenkonzepten. Ihr Buchprojekt begrenzt sich jedoch auf ein sehr spezifisches Thema mit überschaubarer Interessensgruppe.“  Ein Thema mit überschaubarer Interessensgruppe. Woher kannten die Leute mich nur?

Arno: ? ? ?!

(Beide verlassen wir kurz daraus das Café. Wir müssen weiter, immer weiter, unserem Glück hinterher.)

Nutze den Tag!

Tomaten? Tödlich! Am nächsten Tag heißt es allerdings wieder: Tomaten sehr gesund… Spargel jetzt aber absolut tödlich! Und Fisch? Herrje, Fisch. Fleisch? Also wirklich. Und so geht es weiter und weiter. Kaum hat man sich für einen Genuss entschieden, ist dieser auch schon in die Negativ-Schlagzeilen gelangt. „Ich will keineswegs, dass der Geist sich an Tafeln kette und mit dem Körper im Schlemmen suhle, wohl aber, dass er diesen nicht im Stich lässt.“ Schreibt Michel de Montaigne. Ein guter Mann. „Ich kann allem widerstehen. Nur nicht der Versuchung.“ Oscar Wilde. O ja, ich liebe beide Schriftsteller. Und ich sehe es in Wahrheit so: Es ist die Kunst, Geist und Sinne gleichermaßen zu bedienen. Im Zweifelsfall, ist es wichtiger, mit wem man isst, als was man isst.“ Ach, sollte nun tatsächlich auch noch grüner Tee als gefährlich eingestuft werden… ich frage mich, wer von uns will denn schon völlig gesund abtreten? Oder moralisch perfekt?

Sonntags-Gedanken-Splitter

Wenn man zu Gott spricht, ist man religiös.

Wenn Gott mit einem spricht, ist man irre.

Aber natürlich glaube ich an Gott. Andersrum bin ich mir nicht immer so sicher. Apropos: Die Kreuze, die in der Apostelkirche, in Velbert, schon fast ihren Platz gefunden hatten, durften nun doch nicht vor Ort verbleiben. Ich werde also weiter nach ihrem Bestimmungsort Ausschau halten müssen.

Café oder nicht Café…

(Ort: Ein kleines italienisches Eiscafé in Wuppertal-Elberfeld. Wie schon oft in der Vergangenheit treffe ich mich dort mit meinem alten Freund Arno Schmidt, um mit ihm über Kunst zu debattieren. Über die Bilanz des Lebens, Träume und andere Ausweglosigkeiten. Arno Schmidt bestellt wie üblich einen Espresso, ich bekomme einen Cappuccino.)

Detlef: Arno, ich habe das Gefühl, du lässt als Künstler aber niemanden so richtig an dich ran. Sehe ich das richtig?

Arno: Ja!

Detlef: Ja? Einfach so „Ja“?

Arno: Die großen Spaziergänge durch die Heide, das ist die Kulisse, die ich brauche.

Detlef: Kühe in Halbtrauer?

Arno: Auch die.

(Arno blickt kurz aus dem Fenster)

Arno: Ich würde gerne noch 2 große Bücher schreiben.

Detlef: Aber?

Arno: Ich muss ja leider immer wieder Brotarbeiten einschieben. Ich kann mir nicht leisten 3 bis 5 Jahre mich nur der Niederschrift eines Buches zu widmen.

Detlef: Na, du bist mir ja ein ulkiger Vogel. Meinst du ich kann mich jahrzehntelang in mein Atelier verkriechen und nur so lustig vor mich hin malen? Das Atelier als Kaninchenbau? Einfach so, um neue Formen zu finden… Ich mache auch Brotarbeiten. Wir leben zwar nicht, um nur zu essen. Aber wir müssen eben essen, um zu leben.

Arno: Brotarbeiten heißt für mich Texte übersetzen.

Detlef: Und für mich sind das Portraitaufträge. Akt und Portrait! Aber ich unterrichte auch in meinem Atelier. Zeichnen zum Beispiel. (Das stimmt sogar! Siehe dazu die Menüleiste Atelierkurse)

Arno: Und Akt?

Detlef: Sicher, sicher… Akt auch. Denn Kunst kann niemals keuch sein!

Arno: Vielleicht hab ich doch den falschen Beruf.

(Beide verlassen wir kurz daraus das Café. Wir müssen weiter, immer weiter, unserem Glück hinterher.)