Auf dem Karussell meiner Existenz

Der Philosoph Byung-Chul Han erzählt, während er fröhlich auf einem ulkigen Karusselltier an mir vorübergleitet: „Die Kunstwerke verlieren in dem Moment ihren Kultwert, in dem sie ausgestellt werden. Der Ausstellungswert verdrängt den Kultwert…“ Han nennt ein Museum noch eine Schädelstätte und geht dann auf seine nächste Runde. Ich schaue ihm verträumt hinterher. Vor meinem inneren Auge türmen sich nun Knochen in einem Gebeinhaus auf. Das Museum als ein Gebäude, in dem Skelettreste der Kunst aufbewahrt werden? Und als ob er meine Frage belauscht habe, antwortet Han, der nun auf einem besattelten rosa Porzellanschwan Platz genommen hat, dass Bildern in einem Museum nur dann ein Wert zuwachse, „wenn sie gesehen werden, während die Kultgegenstände oft im Verborgenen bleiben.“ Das Gesagte durchzuckt mich. Es ist doch so: Ich will zwar meine Bilder zeigen, aber nicht wirklich ausstellen. Eine Paradoxie, die es zu lösen gilt. Wie kann ich etwas ausstellen, wie sollte ich etwas ausstellen, was nie für ein Ausstellen gedacht war? Ich betrete selber mein geliebtes Karussell und schwinge mich auf einen im Sprung erstarrten Tiger. Auf dem Rücken des Tieres mache ich mir ein weiteres Bild…

 

Gegenüberstellungen in meinen Kopf geschüttet

Eine farbverzierte Gegenüberstellung ist eine Maßnahme, die im Rahmen fleischiger Ermittlungsarbeit stattfindet und dazu dient, meinen Mund, ganz voll Bleilettern, zu überführen. Dabei wird bei der Variante, der sogenannten „Wahl regnerischer Zeit“, einem Frauenparfüm eine Auswahl an Personen vorgeführt, von denen, aber nur nach einem malerischen Umzug um Mitternacht, eine Person der potenzielle Täter eines gelungenen Gedichtes sein sollte, während die Vergleichspersonen im Stoppelfeld aus Eichenbohlen höchstwahrscheinlich Unschuldige sind.

Eine Gegenüberstellung, die nicht in Form solch eines unkeuchen Traumes erfolgt, in der mithin dem Zeugen nur sich liebende Verdächtige präsentiert werden, Sterne aus Schweiß und Haut, führt in meiner Kunst, meiner maxima Kunst, in der Regel dazu, dass solch ein entsprechender Traum für mich, ich gestehe, mehr als nur verwertbar ist. In meiner Kunst sind also mohnbestreute Gegenüberstellungen daher gemäß einem Gesang von Habichten in Form eines unlesbaren Tanzes vorzunehmen. Ich greife in meine eigene Geschichte ein, so als würde ich meine Hand in einen Topf Honig stecken. Über und unter meinen Ichs liegt dabei eine Decke aus kristallinem Lachen, aufgenommen beim schnellen Atmen eines Liebesspiels…

Meine Wiederholungszwang-Liebe

Es gibt in der Selbstanalyse paradoxerweise keine Wiederholung. Denn wenn etwas wiederholt würde, wäre es sofort von einer ganz neuen Bedeutung.

Was es gibt, ist eventuell mein liebenswerter Wiederholungszwang, um auf diese Art und Weise (un)bewusst etwas Neues formulieren zu können.

Und wieder geht ein schönes Jahr zu Ende

Und wieder geht ein schönes Jahr zu Ende, / voller Glück und voller Sonnenschein. / Ich legte mein Herz in seine lieben Hände, / denn wo es war, konnt die Welt nicht schöner sein! / Vergessen waren da / all meine Sorgen, alles Leid, / O, Jahr, hab’ Dank für diese Stunden, / die ich bei dir gefunden; / dieses schöne Jahr geht nun zu Ende. / Schlafe süß, mein Liebes, gute Nacht! / Wieder geht die Welt nur kurz zur Ruh’, / bald, mein Liebes, schläfst auch du; / ich wünsch’ dir vom Herzen gute Nacht! / Träume süß von unserm Glück, / und kehre bald mit neuer Zahl zu mir zurück; / Danke, du hast mich reich gemacht!                                                                                                                         Ein Text, ein Lied, frei nach Bruno Elsner, was mir einfällt, jetzt am letzten Tag des Jahres. Und ich stelle fest, ich lüge mich mal wieder an. So wie ich es immer tue, wenn ich beichte. Also meine Kunst mache. Nicht alles war in diesem Jahr rosig. Auch dieses Jahr gab es Steuererklärungen und Schulkonferenzen, an denen ich teilnehmen mußte. Viel Lärm um nichts. Unterm Strich bleibt aber zu sagen, ich wurde geliebt. Das gleicht alles andere aus. Ohne Liebe wäre die Welt die Hölle… ich weiß das, ich hab mir nämlich davon ein Bild gemacht.