Erinnerungskrümel

In einer Schatulle finde ich eine alte Fotografie, sie läßt mich an meine ersten Schritte in Richtung Kunst denken. In mir erklingen erneut jene Worte, die gute Menschen mir einst zuflüsterten, als ich wieder einmal zu brüsk gegen die Flügeltüren sprang, hinter denen ich das verheißene Land wähnte: Geh es spielerisch an. Schenk Dir Selbstvertrauen. Vermittle Dir innere Sicherheit. Sorge für genügend Pausen und Erholung. Berücksichtige auch deine eigenen neurologischen Entwicklungen. Verzichte auf Laufhilfen. Und sei vor allem geduldig.

Nur so erlernte ich das Laufen. Und die Kunst.

 

Unser Problem

„Von Anfang an war die moderne Poesie darauf aus, es (das Gedicht ) dem Gesetz des Marktes zu entziehen… Der Vorwurf, sie seien unverständlich, macht die Poeten zu Sündenböcken für die Entfremdung.“ So Hans Magnus Enzensberger in seinem Text „Weltsprache der modernen Poesie“ von 1960. Herrje, ist das lange her, ich war noch nicht einmal auf der Welt, als Enzensberger das schrieb. Aber es stimmt, was er behauptet, man wirft den Poeten sehr gerne Unverständlichkeit vor. Mal zu Recht, mal zu Unrecht? Wie sollte ich das beantworten können? Ich, der, wie man mir so oft bescheinigt, unverständliche Bilder malt. Nun, es gibt da stets einen Zweifel oder sagen wir ein Problem…

Mein kaiserviolettes Herz

Am Tag meiner Geburt prasselte farbiger Regen nieder, schenkte den Personen im Paradies ihre smaragdgrünen Augen, die Pfauenaugen bekamen ihr Lapislazuli. Trübe Pfützen erinnerten sich zurück an ihr ägyptisches Jaspis.

Das holländische Orange legte sich Träume zu, der Atem wurde gelber Jasmin. Seine Worte, die er formte, sie trugen nun ein Pfirsichrot mit sich, Sätze aus Almandin und Eisenkiesel, ihr venöses Blut, sie alle küssten meine Lippen, bis diese in einem Hyazinthrot erblühten. Gelbgrau schwebte die Sonne über mir, während violettweise Linien den Himmel schraffierten, in denen Wolken sich mit der Korallenrose vermählten. Fehlerhaftes wurde eingeschmolzen zu einem zeisiggrünen Gebet, das fortan die Korridore von Nervenheilanstalten überzog. Die zur Seite Gekippten knieten davor nieder und verfaßten ihre großen Testamente. Ich selber nahm mir indes die Beichte ab und gelobte fortan allen Farben in meinem kaiservioletten Herz ein Wohnrecht auf Lebenszeit einzuräumen.

De berte fan Venus

De berte fan Venus, das ist westfriesisch und bedeutet zu deutsch: Die Geburt der Venus.

Dieses kleine digitale Werk stellt die Ankunft meiner geliebten Mutter-Göttin an der Küste von Sylt dar. Trotz ihrer Nacktheit ist die Göttin kein Symbol der körperlichen, sondern der geistigen Liebe. Das Bild befindet sich in meinem Privatbesitz. Und ist Teil meiner Selbstanalyse. Ganz klar.

Die Große Mutter

Die Mutter, aber auch der Vater, Brüder und Schwestern, sie alle bezeichnen in den Mythen der Völker nicht nur Verwandtschaftsverhältnisse, sondern sie sind anzusehen als die eigentlichen Triebkräfte in der Seele ein und desselben Menschen. Dieses Bild steht demnach für ein tieferliegendes Streben nach der Vereinigung mit sich selbst. So betrachtet schaffe ich Kunst also viel eher für mich, als für andere, was wiederum paradox ist, denn trete ich nicht gerade mit solchen Bildern in die Öffentlichkeit, die eigentlich garnicht dafür geeignet oder gemacht sind?

Kunstkurort

Die häufigste Lösung für die Kreuzworträtsel-Frage Luftkurort im Tessin ist Airolo mit 6 Buchstaben. Aber für Kunstkurort im Leben? Darüber streiten sich die Geister, die ich rief.

 

Kunst als eine Methode zur Selbsterfahrung

Laut Wikipedia ist die Psychoanalyse (abgeleitet aus dem Altgriechischen von ‚Atem, Hauch, Seele‘, als auch ‚Zerlegung‘…

… im Sinne von „Untersuchung der Seele“) eine psychologische Theorie, Kulturtheorie, psychotherapeutische Behandlungsform und Methode zur Selbsterfahrung, die um 1890 von dem berühmten Wiener Neurologen Sigmund Freud begründet wurde.

Aus der Psychoanalyse haben sich die verschiedenen Schulen der Tiefenpsychologie entwickelt. Der Begriff Psychoanalyse steht 1.) für das auf Freuds Theorien über die Psychodynamik des Unbewussten gegründete Beschreibungs- und Erklärungsmodell der menschlichen Psyche als auch 2.) für die analytische Psychotherapie und 3.) für die psychoanalytische Methodik, die sich auch mit der Untersuchung kultureller Phänomene beschäftigt.

In allen drei Aspekten wird die Psychoanalyse bis heute von Klinikern und Forschern weiterentwickelt und verändert…

So ist die Psychoanalyse als medizinisch-psychologische Disziplin heute durch einen theoretischen, methodischen und therapeutischen Pluralismus charakterisiert. Verschiedene Studien und Metaanalysen zeigen, dass die Psychoanalyse effektiv und wirksam in der Behandlung psychischer Störungen ist.

Ich bevorzuge allerdings nach wie vor meine ganz eigene Kunst. Obwohl…

(Sämtliche Bilder entnommen aus dem Dia-Vortrag „Reach out, touch faith / Your own personal Sigmund / Someone to hear your prayers /  Someone who cares“  im „Haus der Künstler“ in Gugging, anläßlich der apokalyptischen Schneeschmelze im Erzherzogstum Grönland.)

Der Zauberspruch

Gin: Herrje! Diese Bilder hier, die sind alle krank? / Fizz: Das sind nur die Symptome. / Gin: Ach, was, Symptome… Auswürfe sind das! Künstlerisches Gewölle. Kunstförmige Gebilde aus ausgewürgten, unverdaulichen Nahrungsresten… / Fizz: Tatsächlich?! So siehst du das? / Gin: Nee! Das weiß ich. Alle Kunst entsteht daraus, dass sich der Künstler der Welt unsicher ist. Diese Welt passt nicht zu ihm, und er passt nicht in sie, er fühlt sich fremd… ihm wird schlecht durch soviel Welt. Er muss sich übergeben. Da… das seh ich doch… / Fizz: Ich will Dich gar nicht unterbrechen, nur zart darauf hinweisen: Die sind schon von Dir, diese Bilder, daran kannst Du Dich noch erinnern?! / Gin [hält irritiert inne, schaut sich stumm die Bilder an.] : Nun ja…wenn man genau hinschaut… eine gewisse Virtuosität ist den Werken nicht abzusprechen… 

Fizz: Mein Freund…Der Tod ist nirgends und überall. Und wir finden uns, ohne es zu ahnen, schon um die Taille gefasst im Geichschritt mit ihm – Takt für Takt. / Gin: Und deshalb lehren wir die Kunst, Angst in Wonne zu verwandeln. / Fizz: Aber vielleicht, so hoffen wir von ganzen Herzen, besitzen die Lebenden und die Toten zum guten Schluss doch eine Stimme; aber diese besondere Stimme, sie schwebt frei umher… Diese Stimme, sie ist losgelöst von allem … eine Stimme… / Gin: … die uns versöhnt. / Fizz: Statt spaltet. / Gin: Eine Stimme, die uns sagt… / Fizz: Ich liebe dich. / Gin: Ja! Ja! Das ist er! Der Zauberspruch! / Fizz: Er verwandelt uns wieder zurück… / Gin:…von Tieren zurückverwandelt in Menschen. / Fizz: O, fast hätten wir es vergessen… dieses einfache… / Gin: Ich liebe dich. / Fizz: Begreifen wir doch endlich – Denn nicht mehr ist der Mond Himmel für uns, als wir Himmel für den Mond sind. / Gin: Das heißt – Wir brauchen einander.

(Gin&Fizz, in „Todfeinde“)

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