Liebsterer

Als man mich einst, kurz nach meiner Geburt, meiner Mutter in die Arme legte, hielt ich die Augen fest geschlossen. Instinktiv tat ich so, als ob ich schlief. Meine Mutter ließ ich liebend gerne, wie auch meinen Vater, was mein Wesen betraf, vorerst im Ungewissen. Für sie war ich ihr Kind. Ein scheinbar gesundes Baby. Wie hätten sie ahnen können, dass ich…?

Ameisen hatten einst den Samen meines Vaters zu meiner Mutter hinübergetragen. Hatten ihn in das Wollustbeet gepflanzt und beobachtet wie in ihm ein Ei heranreifte, dass sich seine Schale aus der Süße einer gekeuchten Leidenschaft formte. Diese Szenerie kam mir vor, als ob ich sie durch ein Kaleidoskop betrachtete. Eine Art Fata Morgana. „Es dauert so lange mit dem Ei,“ hörte ich vor meiner Geburt meine Mutter durch die Schale meiner kleinen Behausung stöhnen. In diese Stimme war ich regelrecht verliebt.

„Aber ich will noch ein Weilchen drauf liegen bleiben.“ Wenn sie das sagte, dann wurde es angenehm warm in meinem kleinen Heim. Das Licht wurde daraufhin schwächer und die Raumtemperatur stieg wohlig an.

Dann starrte ich vor mich hin. Aus meinen Gedanken versuchte ich ein buntes Band zu stricken, an dessen Farben ich mich erfreuen konnte. Über diese Art der Meditation schlief ich meistens ein… Ich, ein scheinbar gesundes Baby! Das war ich. Wie hätten meine Eltern darüber hinaus noch ahnen können, dass ich…? Ein Künstler!

Nein, sie wussten es noch nicht. Aber ich! Und in der Nacht musste ich mich aufgrund der Welt, die sich in meine noch jungen Künstlerlungen zwängte, erbrechen. Aus Kindern wurden Leute.

Aus Leuten werden Kinder.

Das ist der Kreislauf.

Die Festung der Einsamkeit

„Allein zu sein! Drei Worte, leicht zu sagen, und doch so schwer, so endlos schwer zu tragen.“ (Adelbert von Chamisso)

Die Festung der Einsamkeit (engl. „Fortress of Solitude“) ist ein wiederkehrender Schauplatz in den Geschichten um den Comichelden SUPERMAN. Und zugleich ist sie ein sehr, sehr preiswertes Wohnungsangebot, nur 3,93 €/m!!! und doch so schön… mit Waffenkammer, Kinderzimmer, Küche.

In der Arktis gelegen, also etwas weit von der Innenstadt, das geben wir unverblümt zu, fehlt es Ihnen an nichts. Es gibt hier nämlich nichts! Das viele tausend Kilometer entfernte Einkaufscenter Flora-Park und die vielen kleine Geschäfte würden Ihnen eine Vielzahl an Möglichkeiten bieten. Leider haben die aber zurzeit alle geschlossen.

Beliebte Freizeitangebote, wie Kino und Theater sind allerdings nur einen Katzensprung entfernt. Ob mit dem Auto oder den öffentlichen Verkehrsmitteln, Sie sind in nur wenigen Minuten im Stadtzentrum. HA! Das ist natürlich Quatsch, ein Scherz! Sie müssten schon fliegen können… Kindereinrichtungen und Schulen befinden sich nämlich ebenfalls nicht in unmittelbarer Umgebung.

Aber Sie als SUPERMAN wollen ja bekanntlich ihre Ruhe haben. Und somit ist die Festung der Einsamkeit genau das Richtige für Sie! Bezugsfertig mit Schrank, Nachrichtenzentrale, als auch Kommode und Käfig (für Meerschweinchen oder Hamster).

Einfach schön, so eine Festung mitten in der Einsamkeit! Bedenken Sie jedoch: Wenn du Einsamkeit nicht ertragen kannst, dann langweilst du vielleicht auch andere.“ (Oscar Wilde)

Birthday

They say it’s your birthday  Well, it’s my birthday too, yeah  They say it’s your birthday  We’re gonna have a good time  I’m glad it’s your birthday

Happy birthday to you  (Four, five, six, seven, eight!)  Yes, we’re going to a party, party  Yes, we’re going to a party, party  Yes, we’re going to a party, party  I would like you to dance (birthday)  Take a cha-cha-cha chance (birthday)  I would like you to dance (birthday)  Dance, yeah  Whoo  Come on  C’mon  Baby  I would like you to dance (birthday)  Take a cha-cha-cha chance (birthday)  I would like you to dance (birthday)  Whoo  Dance  Oo-dance  They say it’s your birthday  Well, it’s my birthday too (…?)  They say it’s your birthday  We’re gonna have a good time  I’m glad it’s your birthday

Happy birthday to you   (Lyrics: The Beatles)

 

Schätze des Zufalls

€(Ach, was sind Zufälle anderes, als Ereignisse, die uns als höchst ursachlos erscheinen, weil wir ihre Gründe für ihr Eintreten nicht kennen? „Die höchste Absicht ist, überhaupt keine Absicht zu haben…“ seufzt John Cage. Ich seufze mit ihm. Aber aus anderem Grund. Um es mit einem Zitat von meinem Freund Arno Schmidt zu sagen (siehe dazu auch nach unter der Kategorie Kunstgeschichte(n)) : „ …das Licht »verbrennt«; der Schall »erstirbt»; der Wind »heult»; der Blitz »zuckt«; der Bach »windet sich« ebenso wie die Straße“. Soviel Kalauer darf schon sein.)

Zufall…

Die Arroganz alter Muster

(Ort: Ein kleines italienisches Eiscafé in Wuppertal-Elberfeld. Wie schon oft in der Vergangenheit treffe ich mich dort mit meinem alten Freund Arno Schmidt, um mit ihm über Kunst zu debattieren. Über die Bilanz des Lebens, Träume und andere Ausweglosigkeiten. Arno Schmidt bestellt wie üblich einen Espresso, ich bekomme einen Cappuccino.)

Detlef: Arno, vielleicht solltest du einfachere Sachen schreiben. So Dinge, die jeder Depp sogleich versteht. Das verkauft sich auch besser.

Arno: Ich kann nicht sagen, dass ich einfache, leicht verständliche Literatur schreiben kann. (Arno schüttelt heftig den Kopf) Nein, das könnte ich eben nicht!

Detlef: Verstehe. So geht es mir mit den Bildern. Das Leichtverständliche, es liegt mir offensichtlich nicht so richtig.

Arno: Meine Schriftstellerei fordert vom Leser eine Vertiefung in mein Werk.

Detlef: Na, dann schrumpft deine Fan-Gemeinde aber schnell gegen Null. Oder etwa nicht?

Arno: Das mag arrogant und überheblich klingen, aber ich habe noch so viel von den großen, alten Mustern zu lernen, dass ich für anderes keine Zeit mehr finde…

Detlef: Erinnert mich an Marcel Reich-Ranicki. „Ich nehme diesen Preis nicht an“. Mit dieser Äußerung hatte Marcel Reich-Ranicki Schlagzeilen gemacht, als er 2008 den Deutschen Fernsehpreis für sein Lebenswerk bekommen sollte – aber er lehnte ihn in einer flammenden Rede ab und kritisierte stattdessen den „täglichen Blödsinn“.

Arno: … ich möchte lieber neue Formen entwickeln.

Detlef: Aber wer versteht das schon?

Arno: Na, ich!

Detlef: Herrlich. Dein Selbstbewusstsein müsste man haben.

(Beide verlassen wir kurz daraus das Café. Wir müssen weiter, immer weiter, unserem Glück hinterher.)

Er_kennt_nis, die

(Wortart: Substantiv, feminin. Gleichlautendes Wort: Erkenntnis (Substantiv, Neutrum). Durch geistige Verarbeitung von Eindrücken und Erfahrungen gewonnene Einsicht. Fähigkeit des Erkennens, des Erfassen der Außenwelt.)

Wahrheit und Exegese

Zappt man sich durch die Kanäle der WWWelt, dann wird man schon sehr melancholisch, finde ich. Ob Gott, frage ich mich dann oft, über all dieses Geschehen Tagebuch schreibt? Und wenn, in welcher Sprache? Wenn er das ganze Universum erschaffen haben soll, und ebenso fleißig darüber in seinen Tagebüchern berichtet, wie viele Seiten müsste dieses Werk umfassen? Billionen von Seiten? Aber so lang kann doch, glaube ich, keine Wahrheit sein!?

„Gestern den Mars erschaffen. Mache ihn genauso rund wie Venus und Jupiter. Rund steht denen einfach. Lasse auf dem Mars aber eine Träne zurück. Jahrmillionen später werden darüber hitzige Debatten geführt, weil man dann Wasser und somit Leben auf dem Mars vermutet… Die Idee mit den Ringen, wie bei Saturn, finde ich hübsch! Ich möchte sie aber nicht durch zu häufige Verwendung abnutzen. Wie gesagt: die Kugelform halte ich bei. Sie lassen sich dann zwar nicht gut stapeln, aber so nah kommen die Dinger sich ja nicht. Witzig die Planetengestaltung als Zylinder bzw. Kegel… aber nur zweimal, ganz weit draußen. Weiß selber nicht mehr so genau wo das war. Müsste ich nachlesen. Wo genau habe ich diese Dinger geparkt? … Ach, was bin ich doch wieder für ein Schelm. Nach Mars, dem roten Planeten, will ich morgen etwas Blaues versuchen.“ Weiter unten auf der Tagebuchseite: „Habe mir selber versprochen ein Paralleluniversum zu kreieren. Bin gespannt, ob ich es auch machen werde.“

Es folgen drei Sätze in Bleistift, die (evtl.) später mit schwarzer Tusche durchgestrichen wurden. „Versucht etwas gegen meine Einsamkeit zu tun. Erfand das Fernsehen. War aber langweilig. Ich denke, es ist besser, zunächst den Menschen zu erschaffen, der sich in oder vor dem Kasten zum Affen macht.“ Die letzten Worte sich sehr verschmiert. Es scheint, als sei an dieser Stelle Erdbeermarmelade auf das Papier gekleckert.

(Das Bild von Gott fand ich in einem Kunst-Lexikon! Ich war beeindruckt. Und glücklich. Endlich mal ein Bild des Schöpfers, das ihn nicht mit einem grauen, langen Bart zeigt.)