Suchmeldung

Ich mache seit sechzig Jahren eine Reise durch meine Zelle. Darüber gebe ich mir Auskunft, lege Rechenschaft ab, führe Tagebuch, fertige Reiseskizzen und Bilder meiner Expedition an. Ein Sprung ins Herz der Finsternis bei Nacht. Ein Sprung in die Sonne bei Tag…

An machen Tage gehe ich mir völlig verloren. Dann fertige ich Suchmeldungen an. Hefte mir diese auf die Seele, bete um Erleuchtung, setze zur Ergreifung eine Belohnung aus…

Absolution

Ich beichte mir meine Verfehlungen. Denn das sind ja wohl all meine Bilder, unvollkommene Werke. Sie können nicht anders sein, das ist ihre Verfehlung, sie gefallen nicht. Sie wollen aber auch nicht gefallen. Es ist kompliziert. Im Zulassen des Bösen zeigen sie Scham. Im Sich-verführen-Lassen wahre Größe.

Erinnerungen sammeln

Sind Kunstwerke nicht Erinnerungen an etwas Abwesendes? Mir will es so erscheinen. Deshalb ist eine bestimmte Frage von so großer Bedeutung. Wie kann ich mich an etwas erinnern, was es (vielleicht) nie gab? Ich beginne mich nur langsam an alles zu erinnern. Besonders wenn ich male, zeichne, collagiere. Dann, wenn ich schreibend eine Erinnerung vor mir aufsteigen sehe. Stets sind es Erinnerungen, die mir völlig neu sind. Diese Erinnerungen nehme ich wahr. Ich prüfe sie. Ich klopfe sie ab. Ich berühre sie. Sie berühren mich.

Knospung

Meine Gedanken erfahren eine Knospung. Sie erblühen in Bildern, zu Bildern voller schöner Worte. Überrankt von Strukturen. Als Urgebärde meiner Kreativität. Unzweifelhaft bleibe ich mir selber stets ein Rätsel…

Selbst wenn ich ein Orakel zu Rate ziehen würde und es frage, warum ich hier bin, die Antwort würde lauten: „Ist das ein Test, Sir?“

Zweifelhafte Belege

Meine Bilder, all meine Worte, sie suchen nach den zweifelhaften Belegen einer Kunst, die tief in mir verborgen liegt. In meiner kaleidoskopischen Welt drehe ich ein Bild zur Seite, verrücke ein einziges Wort… und ruhe bloß auf dem heißen Wellblech meines Universums.

 

Zuflüsterungen

Es ist nicht unwahrscheinlich, dass mit jeder kreativen Arbeit, mit jedem Bild, das ich male, ein neuer Stern geboren wird. Es dauert bloß extrem lange, bis sein Licht zur Erde gelangt. Ab und an trete ich des Abends vor die Tür, schaue in den Nachthimmel, fixiere einen der Sterne und sage leise zu mir: „Den da habe ich gemacht.“