Unser Problem

„Von Anfang an war die moderne Poesie darauf aus, es (das Gedicht ) dem Gesetz des Marktes zu entziehen… Der Vorwurf, sie seien unverständlich, macht die Poeten zu Sündenböcken für die Entfremdung.“ So Hans Magnus Enzensberger in seinem Text „Weltsprache der modernen Poesie“ von 1960. Herrje, ist das lange her, ich war noch nicht einmal auf der Welt, als Enzensberger das schrieb. Aber es stimmt, was er behauptet, man wirft den Poeten sehr gerne Unverständlichkeit vor. Mal zu Recht, mal zu Unrecht? Wie sollte ich das beantworten können? Ich, der, wie man mir so oft bescheinigt, unverständliche Bilder malt. Nun, es gibt da stets einen Zweifel oder sagen wir ein Problem…

Querschläger

Alles an meinem Werk erinnert mich an Querschläger / Ich gehe vor ihnen in Deckung / Habe Angst dass sie mich am Kopf / Und in die Seele treffen / Was paradox ist / Denn ich selber hatte ja auf mich geschossen / Zielte direkt auf mich / Schloss jedoch die Augen und verzog / Alles zischte kreuz und quer umher…

Als der erste Qualm sich verflüchtigte / Lud ich trotzig nach / So schnell wollte ich nicht aufgeben / Das Spiel begann von Neuem…

Analyse und Gemüt

Bin ich das Sichtbarwerden durch das Dagewesene? Verdammt, wer bin ich, dass…? Ich verstehe die Frage nicht einmal. Ich liege doch bloß da. Auf Mutters Pelzmantel und Vaters Morgenmantel… dies sind die eigentliche Leinwände für meine Kunst; das Innenfutter meiner Seele.

Der lebensbejahende Mensch ist der, der sich nicht nur mit dem, was war und ist, abgefunden hat, sondern es, so wie es war und ist, wieder haben will, in alle Ewigkeit hinaus. So schreibt Friedrich Nietzsche. Und Rainer Maria Rilke setzt hinzu: „Zwar manche sind an Wagen angespannt, / doch alle haben Mut in ihren Mienen; / ein böser roter Löwe geht mit ihnen / und dann und wann ein…“ Ein was? Vielleicht ein gutes Bild? Ein guter Gedanke? Eine Idee?

Liebe.

Mein Wohlgefallen

Junge Menschen altern links und rechts an mir vorbei. Gleichaltrige verurteilen mich und weisen mir allenfalls noch einen Platz an einem Katzentisch zu. „Nein“, sage ich. „Dahin kehre ich nicht zurück“. Ich werde nämlich garnicht, wie gerne behauptet wird, inzwischen von jedem x-beliebigen Achilles (oder wem auch immer) überholt. Mitnichten, ich werde nicht einmal eingeholt. Viel eher ist es so, dass man an mir förmlich vorbeirast, mit einem heiseren und gekeuchten „Too late, too late,“ auf den spröden Lippen. Für das menschliche Auge habe ich meine Bewegungen scheint´s so verlangsamt, dass ich unsichtbar für die Anderen geworden bin. Jedes Bild von mir erscheint deshalb nur regungslos zu sein. Nein, es dauert an…

Vielleicht ist es auch so, dass ich mich noch nicht entschieden habe, einer bestimmten Realität anzugehören. Und genau deshalb bin ich, wie meine Bilder, paradoxerweise an allen möglichen Orten vermutbar. Und das mit jedem Wimpernschlag. Für die meisten Menschen währt solch ein bloßer Augenblick bekanntlich nur eine sehr kurze Zeitspanne, dann ist alles wieder vorbei. Dabei dehnt jedes Bild von mir solch einen einzigen, kurzen Augenblick bis in alle Ewigkeit aus.